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Absinthe - Die Grüne Fee in der Küche
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Absinth hat einen markanten Eigengeschmack, der nicht jedermanns Sache ist. Wer eine Passion für das grüne Getränk hat, der kann mit diesem Absinth-Kochbuch allerdings sehr glücklich werden.

„Ein Glas Absinth, und Sie sind tot“, flunkerte der Schriftsteller Gustave Flaubert. Keine andere Spirituose hat im 19. Jahrhundert so stark hedonistische Gelüste bei Künstlern und Literaten angestoßen wie Absinth, die „Grüne Fee“ – gebrannt aus Echtem Wermut. Es ist nicht irgendein Branntwein, sondern eine Legende. Aromastark, hochprozentig (bis 77 Prozent) und geheimnisvoll. Der Echte Wermut schmeckt sehr bitter, wodurch sich der Absinth von ähnlichen Anisgetränken unterscheidet. Kenner sagen, bei einem wirklich guten Absinth bleibt eine leichte Bitterkeit im Gaumen hängen – vergleichbar dem Abgang bei einem großen Wein. Enthalten ist der stark psychoaktive Wirkstoff Thujon, der im Gehirn an die gleichen Rezeptoren wie THC (Cannabis) andockt. Entwarnung: Der Thujon-Gehalt war – und das bereits zu Van Goghs Zeiten – nie höher als 35 Millimeter pro Liter. Also unbedenklich. Dennoch blieben Herstellung und Verkauf fast 100 Jahre verboten. Erst 2005 wurde die Absinth-Prohibition aufgehoben und der Wermutstropfen zum neuen Bar-Dauerbrenner.



Aber taugt dieser Aperitif mit seinem sehr intensiven Geschmack auch in der Küche? Es kommt darauf an. Vor-tast-en ist ratsam. Es dürfte eine Premiere sein, was die Autorinnen Margaretha Junker und Clara Tuma hier vorlegen: Absinth als Zutat in pikanten und süßen Rezepten. Mit 100 Seiten, von denen etwa die Hälfte Abbildungen sind, gehört das Buch zu den Leichtgewichten, die Rezepte hingegen eher zu den - alkoholisch - gehaltvolleren. Die Dosierungen reichen von „parfümiert“ bis „benebelt“. Die Rezepte sind folglich nicht jugendfrei!



Bereits optisch ist das handliche Buch eine Inspiration. Sämtliche Fotos zeigen die Gerichte in puristisch-edlen Arrangements, die an Stillleben aus dem 19. Jahrhundert erinnern. Kein Schnickschnack, nur weißes Porzellan, und ab und an darf ein Silberlöffel mit aufs Bild. Beide Autorinnen sind für namhafte Food- und Lifestyle-Magazine tätig und wissen, wie man mit ästhetischem Understatement zum Blättern einlädt. Mit leichter Hand informieren sie eingangs über die Historie des Kultgetränks und wo man heute die besten Brände findet. Da Absinth bekanntlich ein Getränk aus dem französischen Sprachraum ist, halten sich die Autorinnen durchgängig an die dortige Schreibweise: Absinthe.



Die über 50 Rezepte, darunter eine Handvoll Cocktails, sind fast durchweg verlockend, teils französisch, teils mediterran oder schweizerisch inspiriert. Eine frische Sommerküche. Und man lernt manches en passant. Zum Beispiel, dass ein echter Schweizer Absinth weder künstlich gesüßt noch grün gefärbt sein darf. Voilà! Rote Linsen in Distelöl anbraten, mit Absinth (Dosis: parfümiert = 1 cl) ablöschen, Wasser dazu, dann köcheln lassen. Nach 15 Minuten ist der Alkohol feengleich entschwunden, und der Geschmack ganz zauberhaft. Ein weiterer Favorit: Eclairs mit Absinth-Creme. Diese süßen „Hasenpfoten“ aus Brandteig sind nichts für Anfänger. Für sie gibt es einfachere Rezepten. Ruck, zuck zubereitet sind etwa die glasierten Absinth-Tomaten. Einmal eingekocht, mag man die Grüne Fee in der Küche nicht mehr missen. Notabene: Der starke Wermut-Geschmack polarisiert, entweder man liebt ihn oder verachtet ihn. Ein Versuch ist es wert. Für Neulinge und Liebhaber des Krauts ist es ein reizvolles Buch, die Rezepte sind verständlich und gelingsicher beschrieben und das attraktive Layout tut sein Übriges. Kleines Manko: die Gesamtzeit der jeweiligen Zubereitung fehlt.



Fazit: Wer ein – im wahrsten Sinne des Wortes – berauschendes Erlebnis beim oder nach dem Verzehr erwartet, wird enttäuscht. Absinth ist hier ein markantes Parfüm, mehr nicht.



"Abstinhe - Die grüne Fee in der Küche" ist im AT-Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro.



 

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15. Juli 2013
Dr. Jutta Failing
 
 
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