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Wie Weiber wirtschaften

Erbarme, die Hessinnen kommen!

Die Frankfurter Journalistin und Autorin Barbara Goerlich ist auf ihrer Recherchereise durch Hessen vielen starken Frauen in der Gastronomie begegnet. Herausgekommen ist ein buntes, spannendes und informatives Buch über Hessische Weiberwirtschaften und ihre Entstehungsgeschichte. Die Genusswoche hat mit ihr ein exklusives Interview in der Genussakademie Medienhaus geführt.
Der Titel „Hessische Weiberwirtschaften“ mutet im ersten Moment recht deftig und rustikal an. Da kommt dem einen oder anderen doch sogleich eine erfahrene Gastwirtin mit Schürze und vom Schaffen geröteten Wangen in den Sinn, die mit Schwung einen frischen Schoppen auf die Theke stellt. Eine ganz ähnliche Type wird der Leser auch in diesem Buch finden, aber gerade die enorme Vielfalt der hessischen Gastronomie hat die Journalistin und Buchautorin Barbara Goerlich dazu motiviert, die verschiedenen Arten von „weiblicher Gastronomie“ darzustellen. Da gibt es zum Beispiel die zierliche Japanerin Azko Iimori, die als Kind in Tokio bei einer schwäbischen Pfarrersfamilie das Backen lernte und seitdem immer davon träumte, ein Café zu eröffnen. Über Umwege kam sie an den Main und führt heute eine erfolgreiche Patisserie in der City. Aber auch die Geschichte der Barkeeperin Margarete Brähler, die in einem kleinen Ort im Vogelsberg in ihrer Scheuer vor 30 Jahren als Exotin anfing Cocktails zu mixen, besticht durch Witz und Persönlichkeit.
Insgesamt 30 dieser authentischen Geschichten, bebildert mit Illustrationen der Fotografin Angela Francisca Endress und garniert mit Rezepten der Gastronominnen machen das Buch zu einem interessanten Überblick über die hessische Kulinarik.


GENUSSWOCHE: Frau Goerlich, sind Frauen die besseren Gastgeber?

BARBARA GOERLICH: Das würde ich nicht direkt so sagen, aber oftmals gehen Frauen gerade im Ambiente mehr ins Detail und mit Wünschen behutsamer um.

GW: Wie dürfen wir uns das vorstellen?

BG: Nehmen wir Katja Hack aus Borken-Kerstenhausen. Die Köchin kennt die Sterneküche und hat dort viel gelernt. Ganz im Sinne des Understatements bringt sie nun seit ein paar Jahren frischen Wind in den elterlichen Betrieb, ohne die Dorfbewohner vor den Kopf zu stoßen. Vorne guckt die Gemeinschaft immer noch Fußball in der Kneipe und hinten wird auf hohem Niveau gekocht.

GW: Wieso ist es eigentlich immer noch so, dass mehr Männer als Frauen auf Sterneniveau kochen oder in Fernsehshows zu sehen sind?

BG: Nun, ich glaube, das liegt daran, dass es für viele Frauen nicht immer einfach ist, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, gerade wenn es sich um so einen stressigen wie dem einer Köchin handelt. Aber genau wie in vielen anderen Bereichen ändert sich das auch in diesem Bereich immer mehr und Frauen werden selbstbewusster und mutiger. Und sie werden wesentlich besser unterstützt.

GW: Haben Sie das auch bei ihrer Recherche für ihr Buch bemerkt?

BG: In den mittelständischen Betrieben war das immer schon etwas anderes. Da arbeiteten Frau und Mann meist zusammen im Familienlokal. Aber ein schönes Beispiel im Buch ist die gebürtige Bayerin und Köchin Rosi Althen, die früher immer die einzige Frau unter Männern war. In ihrem eigenen Restaurant ist nun genau anders herum, da arbeitet ihr Ehemann Thomas als einziger Mann unter Frauen. Ebenso läuft es bei Annemarie Kalbfleisch in Willingshausen. Die Wirtin aus Leib und Seele schwingt den Kochlöffel, während ihr Mann serviert.

GW: Ist da ein neues Selbstbewusstsein entstanden?

BG: Auf jeden Fall haben Frauen heutzutage mehr Möglichkeiten. Annemarie Kalbfleisch ist zum Beispiel durch EU-Fördermittel von der Landfrau zur Unternehmerin umgeschult worden. Im Rheingau gibt es sogar ein Lokal, dass wirklich Weiberwirtschaft heißt. Da gab es mal einen ernstgemeinten Anruf, ob denn auch Männer einkehren dürften.

GW: Wie haben Sie eigentlich entschieden, wer in ihr Buch kommt?

BG: Ganz einfach: Immer, wenn ich den Begriff Weiberwirtschaften erwähnte und die Frau nicht sagte, sie müsse erst einmal ihren Mann fragen, sondern herzhaft gelacht hat, hab ich mir ein Häkchen gemacht.

Hessische Weiberwirtschaften ist im Hädecke Verlag erschienen und kostet 22,80 €. Entstanden ist das Buch übrigens aus der Idee einer Autorin in Bayern. Seitdem sind im Verlag auch Rheinland-Pfälzische und Südtiroler Weiberwirtschaften veröffentlicht worden.

 
7. Oktober 2013, 16.20 Uhr
kat
 
 
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