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Kiezspaziergang

Geliebt und gehasst – Altsachsenhausen

Altsachs ist verschrien für seinen Partytourismus, für Alkoholexzesse und Prügeleien. Es gibt aber auch viele Locations, die den billigen Besäufnissen mit Stil entgegenwirken wollen. Unsere Kollegin Isabella Caldart lädt Sie ein, das Amüsierviertel neu zu entdecken.
Die Bar an der Ecke bietet „Ficken“ und „Froschkotze“ für einen Euro an. Eine Horde Mädels mit Bunnyohren stürmt kichernd und kreischend durch die Tür, um mehrere Runden Shots zu bestellen. Ein paar Kneipen weiter grölen betrunkene Fußballfans ihre Lieder. Altsachs ist der Ballermann Frankfurts – laut, derb, dreckig, Wochenende um Wochenende eine Anlaufstelle für Trinkfreudige aus Frankfurt und dem Umland.

Dabei ist es tagsüber beinahe idyllisch, durch die schmalen Straßen rund um die Rittergasse und Klappergasse zu spazieren. Ein schönes Fachwerkhaus reiht sich ans nächste, man läuft über Kopfsteinpflaster und mit etwas Pech spuckt einen die freche Fraa Rauscher in der Klappergasse an. Lärm hört man kaum, das kleine Viertel wirkt verschlafen. Einzig Dauth Schneider in der Neuen Wall hat früh schon auf. Die Apfelweinwirtschaft gibt es bereits seit über 150 Jahren. Ein paar Stunden später zieht der ebenso urige Klaane Sachsehäuser (auch Neuer Wall) nach, der gegen späten Nachmittag aufmacht. Diese Traditionslokale wehren sich gegen den allgemeinen Trend im Viertel; Junggesellenabschiede sind hier weniger gern gesehen.
Das Bild ändert sich nachts, wenn die Horden durch billige Kneipen, Shishabars und Karaokeclubs ziehen. Aber in der Großen Rittergasse weht ein neuer Wind, der dem Viertel einen edleren Charme einhaucht. Da ist die Brasserie Hugo, die es gekonnt versteht, Tradition und Moderne miteinander zu vereinen und ihren Gästen Essen auf hohem Niveau zu servieren. Wenige Schritte um die Ecke in der Klappergasse befindet sich die Old Fashioned Bar, deren Interieur wirkt wie eine Mischung aus Gentlemens‘ Club meets Omas Wohnzimmer. In diesem gemütlichen Ambiente schmecken die zahlreichen Cocktails und Drinks noch viel besser.

Wer es etwas rockiger mag, dem seien das Spritzehaus in der Großen Rittergasse oder der Summa Summarum Musikkeller in der Klappergasse ans Herz gelegt. In ersterem gibt es täglich Livekonzerte, die von Britpop über Balkanrock zu Heavy Metal reichen, und häufig ist einfach Jam Session, bei der jeder mitmachen kann. Im Summa Summarum, das in einem jahrhundertealten Keller beheimatet ist, gibt es ebenfalls oft Open Stage und sonst die verschiedensten Rock- und Jazz-Konzerte. Wer „richtig“ feiern gehen will, hat in der Klappergasse die doppelte Auswahl: Im Ponyhof Club, der sich bis vor wenigen Jahren im Gallus befand, gibt es regelmäßig Konzerte und verschiedene Partyreihen wie beispielsweise die Tarantino-Party. Gegenüber ist kürzlich das Elfer eingezogen, das einst neben der Batschkapp zuhause war. Auch hier gibt es viel auf die Ohren – an Livemusik wird nicht gespart.

Wie man sieht, wird Altsachsenhausen oft unterschätzt. Es ist ein facettenreiches Viertel, das mehr zu bieten hat, als das „Schmuddelimage“ zu vermuten lässt – die Anzeichen häufen sich, dass der ursprüngliche Charme Schritt für Schritt wiederkehrt. Frankfurter, die den Kiez lange gemieden haben, sollten ruhig mal wieder eine Entdeckungstour starten. Es lohnt sich!
 
30. September 2013, 11.59 Uhr
Isabella Caldart
 
 
Fotogalerie:
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