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Kalt, ganz kalt!

Eis ohne Leidenschaft

Manche Frankfurter haben gleich vier fantastisch gute Eisdielen in ihrer Nachbarschaft, andere keine einzige. Doch auch ohne Auswahl hat man immer noch die Wahl!
Wenn man sich an einem grauen, aber doch milden Nachmittag schon einmal vor die Tür begibt, um wählen zu gehen, so verbindet man das doch gern mit einem kleinen Spaziergang. Wenn der dann noch von einem kühlen Eis gekrönt wird, ist der Tag schon so gut wie perfekt. Das Vorhaben wird aber schnell zur Mission impossible, wenn sich kein Geschäft mit auch nur ansatzweise schmackhaftem Eis im Stadtteil findet. Für Menschen aus Sachsenhausen, dem Nordend oder Bornheim eine schier unvorstellbare Situation, für Anwohner der Stadtteile an der Peripherie aber leider oftmals bittere Realität.

Mal angenommen, es gäbe da eine Eisdiele im Norden Frankfurts, die nicht nur das einzige Café in ihrem Stadtteil ist, sondern auch noch die alleinige Anlaufstelle für ein kühles Eis am Wochenende. Zweifelsohne profitiert ein solcher Laden von seiner Monopolstellung, noch dazu, wenn er in unmittelbarer Nähe von zwei Schulen liegt. Doch wenn der Becher mit drei Bällchen Eis – im Sitzen genossen – über drei Euro kostet, und der Gast dann auch noch feststellen muss, dass alles nur nach künstlichen Aromen und Traubenzucker schmeckt, ist die Enttäuschung groß!

Monopolstellung hin oder her, einem Gastwirt sollte doch klar sein, dass auch ohne Konkurrenz im Ort der Kunde immer noch die Wahl hat, einfach ganz zuhause zu bleiben. Wen wundert‘s also, dass das Café auch an diesem Nachmittag nur mittelmäßig besucht ist. Wir sind die einzigen Gäste unterhalb des Rentenalters – scheint so, als würde jeder, der noch einigermaßen gut zu Fuß ist, lieber Richtung Innenstadt oder raus nach Bad Homburg fahren, als hier ein Eis zu essen. Und schon kriegen wir ein schlechtes Gewissen…

Vielleicht, so denken wir uns, ist der Ladenbesitzer ja gar kein skrupelloser Eiscreme-Tycoon, der uns mit Billig-Eis zu teuren Preisen über den Tisch ziehen will. Vielleicht weiß er es einfach nicht besser! Vielleicht macht er ja sogar so wenig Umsatz, dass er glaubt am Produkt sparen zu müssen, um sein Geschäft vor der Pleite zu bewahren. Aber ist dem Mensch denn nicht klar, dass er seinen Kundenkreis verdoppeln könnte, wenn er statt 20 leidenschaftslos zubereiteten Eissorten mal zehn gute anbieten würde? Denn warum sollte ich überhaupt das Haus verlassen, wenn doch sogar das Eis aus der Literpackung vom Discounter besser schmeckt und obendrein noch billiger ist als hier?

Lieblose 08/15 Produkte, davon haben immer mehr Menschen die Nase gestrichen voll. Denn Entscheidungen treffen wir nicht nur ab und an sonntags an der Wahlurne, sondern auch jedes Mal, wenn wir den Geldbeutel zücken. Nur schade, dass das noch nicht bei allen angekommen ist.
 
12. März 2012, 13.30 Uhr
Rosa Friedrich
 
 
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