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Foto: Dirk Ostermeier
Foto: Dirk Ostermeier

Ein Männlein steht im Walde

Pilze sammeln in Frankfurt

Stockschwämmchen, Ochsenzunge und Tintenfischpilz: Unglaublich, was sich so alles im Frankfurter Stadtwald tummelt! Pilzberater Dietmar Krüger behält den Durchblick.
„Irgendwo hier muss sie sein, ich kann sie riechen.“ Dietmar Krüger, bewaffnet mit Hut, Lupe, Messer und Flechtkörbchen, verschwindet im Unterholz und macht sich auf die Suche. „Wenn es nach totem Tier riecht, ist oft eine Stinkmorchel in der Nähe.“ Die Stinkmorchel bleibt zwar vorerst verschollen, aber Dietmar Krüger ist trotzdem optimistisch: „In Deutschland gibt es etwa 6000 Pilzarten, und das sind nur die Großpilze, also die Exemplare, die man mit bloßem Auge erkennen kann.“ Da wird sich doch auch im Frankfurter Stadtwald was finden lassen. Und tatsächlich: Ein paar Meter weiter sprießen etliche Stockschwämmchen auf einem mit Moos bewachsenen Baumstumpf. „Das sind erstklassige Speisepilze, man darf sie nur nicht mit ihrem giftigen Doppelgänger verwechseln“, warnt Krüger, der sich als geprüfter Pilzberater und Pilzsachverständiger der deutschen Gesellschaft für Mykologie bestens auskennt. Der Doppelgänger heißt Gifthäubling und unterscheidet sich vom Stockschwämmchen nur durch ein Detail: Er hat keine Schüppchen am Stiel. „Ein Laie greift da schnell mal daneben“, sagt Dietmar Krüger und erklärt, dass eigentlich alle Speisepilze giftige oder ungenießbare Verwandte haben. Für die meisten Vergiftungsfälle sind vermeintliche Champignons verantwortlich: „Kein Wunder – viele denken eben, dass sie einen Champignon auch in der freien Natur erkennen, weil sie ihm ja so oft im Supermarkt begegnen“, sagt der Pilzberater. „Der eine oder andere erwischt dann aber doch mal einen Karbolegerling.“ Die Folge: Erbrechen, Durchfall und ein Anruf beim Hessischen Giftnotruf in Mainz, wo Pilzopfer an einen Sachverständigen vermittelt werden.



Damit es erst gar nicht so weit kommt, zeigt Dietmar Krüger auf Exkursionen durch Deutschlands Wälder, wie man Pilze richtig bestimmt. Regel Nummer Eins: „Wer Pilze sammeln will, sollte sich mit Bäumen auskennen“, erklärt der gebürtige Offenbacher. „In der Nähe von Lerchen findet man Lerchenröhrlinge, Ohrlappenpilze tummeln sich rund um den Schwarzen Holunder und Steinpilze lieben Fichten, Buchen und Eichen.“ Um rauszukriegen, ob das gefundene Exemplar auch tatsächlich im Abendessen landen sollte, gilt stets: Den Pilz immer komplett mit Hut, Stiel und Wurzel dem Boden entnehmen, dann riechen und im Zweifelsfall auch mal eine vorsichtige Geschmacksprobe machen. So lässt sich zum Beispiel der Steinpilz von seinem Doppelgänger, dem Gallenröhrling, nicht nur dadurch unterscheiden, dass der beliebte Speisepilz über ein helles Stielnetz und weiße Poren verfügt, während sein ungenießbarer Verwandter ein dunkles Netz und rosa Poren hat. „Der Gallenröhrling schmeckt so, wie er heißt – gallebitter“, sagt Dietmar Krüger. „Wenn nur einer mit in die Pilzpfanne gerät, ist das ganze Essen für die Tonne.“

Weitaus schlimmere Folgen hat der Verzehr des hochgiftigen Grünen Knollenblätterpilzes. Schon 50 Gramm können tödlich sein. Besonders tückisch: Symptome wie Brechdurchfall und kolikartige Bauchschmerzen treten erst etwa einen Tag nach Verzehr auf, klingen dann zunächst wieder ab und führen nach fünf Tagen zu einem kompletten Leberversagen. „Aufgrund dieser langen Latenzzeit hat man den Grünen Knollenblätterpilz früher gerne verwendet, um unliebsame Herrscher aus dem Weg zu schaffen“, erzählt Dietmar Krüger. Durch seine Ähnlichkeit mit dem im englischsprachigen Raum „Death Cap“ genannten Pilz, wird auch der Grüne Täubling oft im Wald stehen gelassen. „Dabei ist er einer der besten Speisepilze – ein richtiger Geheimtipp“, sagt Pilzberater Krüger. „Grüne Täublinge brät man einfach in Butter an, damit sie leichter verdaulich sind. Mit etwas Salz kommt ihr leicht nussiger Geschmack am besten zur Geltung.“



Wer mit Dietmar Krüger auf Tour ist, bekommt nicht nur Tipps zur Suche und Zubereitung von Speisepilzen, sondern erfährt auch allerhand Erstaunliches. Wie die Tatsache, dass an alten Eichen rote Ochsenzungen wachsen, die beim Abschneiden „bluten“, oder dass Pilze mitunter schon mal aus Eiern „schlüpfen“. „Pilze wie die Täublinge kommen nackig zur Welt, andere in Eiern – zum Beispiel die Stinkmorchel“, erklärt Dietmar Krüger. Der unausgebildete Fruchtkörper der Stinkmorchel wird wegen seiner kugelartigen Form Hexenei genannt und ist essbar. „Ein kulinarisches Highlight“, zwinkert uns der Pilzberater zu und schneidet das Ei in der Mitte durch. „Wenn man die dicke Gallerthülle entfernt, kann man das Hexenei in Scheiben schneiden und anbraten. Der weiße Teil, der später zum Kopf der Stinkmorchel wird, ist auch roh essbar – schmeckt wie Rettich.“

Lust, Pilze kennenzulernen? Alle Infos rund um Dietmar Krügers Exkursionen gibt’s unter www.derpilzberater.de.
 
10. Oktober 2016, 11.20 Uhr
Anke Uhl
 
 
Fotogalerie:
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