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Alle Jahre wieder

Beschaulich geht anders

Jedes Jahr dasselbe Bild: Vor wunderschöner Kulisse stapeln sich im Herzen Frankfurts massenweise Menschen, die um einen Frontrow-Platz am Glühweinstand oder um die letzte Schoko-Banane kämpfen. Diese Woche fällt der Startschuss für den Frankfurter Weihnachtsmarkt.
Selig sind die Friedfertigen – das steht schon in der Bibel. Auf dem Römerberg hat man davon offensichtlich noch nichts gehört. Im Schatten des riesigen, scheppen Christbaums – dem alljährlichen Maskottchen des Weihnachtsmarkts – drängeln und schubsen vom Alkohol beseelte Menschen, was das Zeug hält. Aber warum eigentlich? Hier gibt es doch seit Jahren nichts Neues zu vermelden: Es gibt immer die gleichen Tassen mit mehr oder weniger lustigen Aufdrucken, Taschen, Edelsteine , Handschuhe und Christbaumschmuck zu kaufen, für den richtigen Alkoholpegel sorgen Glühwein, heißer Franzose oder Kirschwein, und das kulinarische Angebot bestreiten seit Jahren Langosch, Crêpe, Maronen, gebrannte Mandeln, Schoko-Früchte, Pommes, Pizza und Nierenspieße. Warum gibt es denn auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt kein thailändisches oder indisches Essen, das Durchgefrorenen bei Minustemperaturen schön einheizen würde? Und wo ist eigentlich der Döner? Ein bisschen mehr Abwechslung würde dem Weihnachtsmarkt gut tun.

Das Problem mit den schubsenden Massen löst das noch nicht. Wahre Weihnachtsstimmung kann nicht aufkommen, wenn der Kauf eines Glühweins zum langwierigen Kampf mit ungewissem Ausgang wird – im Gedrängel muss man sich das klebrige Heißgetränk mitunter eher von den Fingern lecken, als es genüsslich schlürfen zu können. Auch an den zahlreich vorhandenen Essensständen kann die vorweihnachtliche Stimmung schnell in den Keller sinken, wenn man nach langem Schlangestehen versucht möglichst unfallfrei labberige, von fetten Saucen durchtränkte Pommes zu essen oder endlich eine maßlos überteuerte Schoko-Banane in den Händen hält. In den anregenden Duft alten Fetts gehüllt und von seinen Mitmenschen gefährlich nah in die nächste Bude gedrängt, fragt man sich hin und wieder dann doch, warum man hierfür jedes Jahr aufs Neue Geld ausgibt.

Es gäbe ja durchaus stressfreiere Wege, um sich in Weihnachtsstimmung zu bringen: Den Glühwein kann man auch in den eigenen vier Wänden köcheln und mit Freunden trinken, das mit den Schokobananen kriegt man zuhause mindestens genauso gut und vor allem preiswerter hin. Pommes gibt es an jeder Ecke und der Weihnachtsmarkt ist auch nicht der einzige Ort, an dem man Edelsteinketten oder lustige Tassen bekommt. Das Vergnügen, angeheitert ein paar Runden auf dem Pferdchen-Karussell zu drehen, hat man im Winter allerdings wirklich nur auf dem Weihnachtsmarkt.

Ob es das ist, was uns immer wieder auf den Römerberg zieht?! Wohl eher nicht. Fest steht aber: So ganz ohne den Weihnachtsmarkt geht es dann doch nicht - irgendwie findet man sich doch Jahr für Jahr Glühwein süffelnd im Gedränge wieder.
 
21. November 2011, 13.00 Uhr
Anke Uhl
 
 
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