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Zu Besuch beim Küchenchef
Das FestMahl in Offenbach!
Foto: Dirk Ostermeier
Dirk Ostermeier
Offenbach hat eigentlich nicht den Ruf, die Kapitale für Gourmets zu sein, doch ausgerechnet hier befindet sich eines der interessantesten Restaurants der gesamten Region. Im SchauMahl bilden Küchenchef Björn Andreas und der „Mundschenk aus Leidenschaft“ Pit Punda ein spannendes Dream-Team.

Seit gefühlten Jahrhunderten pflegen Offenbacher und Frankfurter ihre Animositäten, obwohl es sich mit deren Verhältnis zueinander ein wenig wie bei dem von Restaurantbesuchern zu Mac Donalds verhält: Dort will keiner gewesen sein und dennoch schreibt der Burgerbrater tiefschwarze Zahlen, hier will jeder den anderen geringschätzen und wohnt trotzdem auf Offenbacher Stadtgebiet, pilgert zum großen Wochenmarkt auf den Wilhelmsplatz oder auf die Konstablerwache. Machen wir es kurz: Offenbach hat viele Freunde, gute Restaurants und eins davon ist auch eine weitere Anreise wert. Das SchauMahl gehört nämlich zu jenen wichtigen Adressen, in denen auf hohem Niveau mit einer gehörigen Prise Kreativität und Individualität gekocht wird und die gleichzeitig immer noch von den großen nationalen Restaurantführern kleingeredet oder sogar übersehen wird. So ergeben das gemischte Publikum, die hiermit verbundene lockere Atmosphäre und ein entspanntes Preisgefüge genau die richtige Mischung für neugierige Feinschmecker, die sich gern in die Hände eines Küchenchefs begeben, der jeden Abend aufs Neue zu überraschen weiß.



Vom Angeln bis ins Casino



Dabei wurde Björn Andreas das Kochen wirklich nicht in die Wiege gelegt – sein Vater war Unternehmensberater, Doktor der Mathematik, der Onkel ein weltweit agierender Manager, der Großvater im Vorstand der Preussag und der wichtigste Kontakt zum Thema Essen und Trinken ergab sich für den jungen Björn aus der Tatsache, dass sein Vater leidenschaftlicher Angler und zudem Vorstand in mehreren Angelvereinen war. Da fiel natürlich jede Menge frischer Fisch an, der dann von der Mutter zubereitet wurde. Kein zwingendes Argument für eine Karriere am Herd: Beim Hobby Schachspielen reichte es sogar für die Oberliga, das Kochen überließ Björn zunächst anderen. Doch als sich die Zeit in der Schule dem Ende zuneigte, befragte er ganz nüchtern seine Intuition, die ihn bisher gut beraten hatte. Und die sagte, dass es vielleicht gar keine schlechte Idee wäre, die Berufslaufbahn eines Koches einzuschlagen. Ohne Vorlauf, ohne Impuls, einfach so, weil die innere Stimme ihm dazu riet. Also ging es nach Rothenburg ob der Tauber in den Gasthof Schwarzes Lamm, wo gutbürgerliche Küche auf der Karte stand und das Repertoire des Jungkoches bestimmte. Nach erfolgreichem Abschluss der Lehre rief das Land zum Dienst und Björn wechselte an den Herd des Offizierscasinos – nach eigenem Bekunden eine sehr entspannte, tolle Zeit, da man hier wider erwarten ohne großen Druck von oben seine eigenen Ideen verwirklichen konnte und auch noch auf ein dankbares Publikum traf.



Japan!



Bis zu diesem Punkt war Björn Andreas jedoch nicht wirklich glücklich mit seiner Berufswahl. Er kam aus großbürgerlichem Hause und traf auf die oft rauhe Welt der Köche, in der wenig Worte, dafür sehr klare und häufig auch grobe die Richtung bestimmten. Schnell entstand bei ihm der Eindruck, in einer schlecht angesehenen Branche ohne große Ansprüche und Zukunft zu arbeiten, doch das sollte sich schlagartig ändern, als er nach dem Wehrdienst im Frankfurter Restaurant Utage anheuerte. Japanische Küche, Björn war als einziger deutscher Mitarbeiter im Betrieb für den Teppan-Yaki zuständig: „Von den Japanern habe ich alles gelernt, was für das Kochen wichtig ist!“ Hier ging es nicht nur um die Frage, ob ein Produkt gut oder schlecht ist, sondern beispielsweise um den idealen Reifegrad von Erdbeeren, die richtige Schnitttechnik, um Gemüse alle Aromen zu entlocken oder den Härtegrad des Wassers, der den Geschmack eines Produktes nachhaltig beeinflusst. Es ist weniger die authentisch japanische Küche selbst als deren Vorgehensweise, die heute seinen Stil beeinflusst, denn Kochen ist für Björn Andreas eine ganz logische Angelegenheit und weniger Kunst als präzises Handwerk. Und so entwickelte er sich allmählich über das Handwerk hinaus zum Künstler am Herd.



Unterwegs



Zunächst ging es als Chef de Partie zu Martin Göschel in den Tigerpalast, doch hier kam man einfach nicht zusammen, so explizit waren Andreas’ Vorstellungen von der Behandlung der verwendeten Produkte. Da ging er lieber an den Herd der Aubergine, wo er ganze sechs Jahre als Küchenchef die erfolgreichste Periode des in Frankfurt seinerzeit ausgesprochen beliebten Restaurants gestaltete. Von dort lockte ihn schließlich der Ruf von Hans Horberth in die Merton, doch auch hier hielt das Arbeitsverhältnis gerade mal drei Monate. Die Mutter war schwer erkrankt und so arbeitete Björn Andreas forthin als freier Koch, um neben der Arbeit Zeit für die Pflege zu haben. „Ich habe größten Respekt vor Menschen, die ihre persönliche Karriere hintenan stellen, um sich anderen Menschen zu widmen, die dringend Hilfe brauchen“ – ein Weg, den Björn Andreas nun konsequent selbst ging. Er stimmte jedes folgende Engagement auf die Unterstützung seiner Mutter ab, arbeitete zunächst völlig freiberuflich und nach einem Jahr im Ivory Club, wo er mit Sebastian Roisch (Küchenchef im Zenzakan) einen Partner im Geiste fand. Ein weiterer guter Freund stand in Offenbach am Herd: Christoph Kubenz war Küchenchef im SchauMahl, lockte Björn Andreas als Souschef in die „verbotene Stadt“ und überließ ihm schließlich den Platz als Küchenchef, den Andreas heute so virtuos mit Leben füllt.



Selbst ist der Koch



Im SchauMahl erwartete ihn mit Pit Punda ein Gastro-Routinier, wie er im Buche steht. Der ausgesprochen sympathische Self-Made-Man bezeichnet sich selbst gern als Mundschenk aus Leidenschaft – Sommelier darf und will er sich nicht nennen, denn eine Ausbildung hat er nie gebraucht. Punda saugte das Gastgewerbe quasi mit der Muttermilch auf, seine Familie betrieb seit Generationen ein Usinger Traditionsgasthaus, doch der junge Pit wollte tatsächlich etwas anständiges lernen und entschied sich für das Schreinerhandwerk. Schon während der Ausbildung war Geld jedoch derart knapp, dass es nicht mal für das Benzin zum Mofafahren reichte. Also wurde fleißig gekellnert, um die Kasse aufzubessern und beim folgenden Zivildienst in einem Heim für praktisch bildbare Menschen meldete sich Pit schon mal als Hausmeister an, um überall hineinschnuppern zu können. Zum Beispiel in die Küche. Auf einmal waren Koch und Vertretungskoch und die Vertretung des Vertretungskochs krank, doch 60 Menschen brauchten dringend Abendessen. Da musste Punda ran, doch wie und was kochen? Mutti gab per Telefon die Rezepte durch, Pit schwang den Kochlöffel – und alle waren vom Ergebnis begeistert. Damit war Punda zunächst als Krankenvertretung, kurz darauf aber fest als Vollkoch engagiert. Er organisierte den gesamten Haushalt des Heims, stellte komplett auf frische Produkte um und organisierte zur großen Freude der Pädagogen sogar Kochkurse und Fortbildungsseminare. Einer konnte mit dieser Neuausrichtung allerdings nichts anfangen: „Immer, wenn die Lebensmittelkontrolleure kamen, schüttelten die nur mit dem Kopf, weil sie keinerlei Konserven oder sonstiges Convenience-Food fanden, um dann wortlos wieder zu gehen“, erinnert sich Punda.



Ab nach Frankfurt



Mit einem fulminanten, drei Tage andauernden Festmenü zu Weihnachten endete schließlich diese harmonische Zeit und es ging direkt in die Mainmetropole, wo das frisch eröffnete Cafe des Y-Buchladens mit den üblichen Problemen der Gastronomie kämpfte: Zu wenig Gäste, zu hohe Kosten. Punda nahm die Sache in die Hand und machte das Cafe für insgesamt sechs Jahre zu einem Erfolgsmodell. Mitten in dieser Zeit engagierte er sich außerdem im KOZ, doch dieser wilde Job endete in einem Saalsturm der Ultralinken, die doch tatsächlich der Meinung war, hier würde dem Kommerz gefrönt. Vom Nordend ging es in die City als Restaurantleiter ins Dichtung und Wahrheit, gleichzeitig betreute Punda den Umbau des Emma Metzler im Museum für Angewandte Kunst, betrieb das Cafe Kino im Filmmuseum und ein eigenes Catering ... die Haarfarbe wechselte zu Grau. Schließlich war eine größere Pause unausweichlich, doch es kommt immer anders, als man denkt und kurze Zeit später stand Punda gemeinsam mit Milan Seidenfaden im Restaurant Cyrano – für volle sechs Jahre.  Dann ging es ins Zarges Gourmet-Restaurant zu Alfred Friedrich, wo bereits nach dem ersten Jahr 17 Punkte im Gault Millau erarbeitet waren. Nach einem Jahr tratr das Frankfurter Haus in Neu-Isenburg mit Plänen an ihn heran, doch da kam ein verlockendes Angebot aus dem SchauMahl. Hier ist der Besitzer des Restaurants auch Eigentümer der Immobilie und sehr in Sachen Kulinarik engagiert, was sowohl ruhiges als auch kreatives Arbeiten ermöglichte. Gesagt getan: Punda war fortan Restaurantleiter und Mundschenk des besten Restaurants der „verbotenen Stadt“ und begegnete hier seinem heutigen Teampartner Björn Andreas. Eine außergewöhnliche Verbindung, denn Pundas Kenntnisse in Sachen Wein sind mindestens so fundiert wie seine ausgeprägte Gastlichkeit und so findet er immer eine passende Antwort auf die kulinarischen Rätsel, die ihm Andreas immer wieder aus der Küche aufgibt.



Und die Zukunft in Offenbach?



Nach seiner Zukunft befragt, antwortet Björn Andreas beinahe wie ein Zen-Meister: „Ich möchte an jeder Stelle meine Arbeit so gut wie möglich machen, ob hier am Herd oder an der Kasse bei Edeka ist dabei gar nicht so wichtig“. Da spürt man wieder die japanische Prägung, die dem immer noch jung wirkenden Koch eine ruhige Ausstrahlung gibt, wie man sie nur selten bei Köchen vorfindet. Pit Punda kratzt sich hingegen ein wenig am Kopf und erzählt dann von seiner Liebe zu Brasilien, wo er irgendwann noch mal als Restaurantleiter anlanden möchte. Die Weine des großen Landes seien allerdings noch nicht trinkbar, also bleibt er uns glücklicher Weise noch eine gute Weile erhalten. Übrigens: Wer sich persönlich von Björn Andreas’ ungewöhnlichen Qualitäten als Koch überzeugen möchte, kann im Rahmen eines Kochkurses der Genussakademie auch mal direkt am Herd erleben, was die Gerichte im SchauMahl so einzigartig macht. Vom richtigen (!) filetieren eines Fischs über die Gewürze bis zum konkreten, gemeinsam gekochten Menü ist das ein perfekter Abend, denn Pit Punda hält mit seinem Wissen ebenso wenig hinter dem Berg und wird nicht nur die passenden Weine servieren, sondern auch jede Menge Tipps und Tricks zum Thema preisgeben.

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Weitere Informationen hier
 
28. September 2015
Bastian Fiebig
 
 
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