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Zu Besuch beim Küchenchef
Kochen wie ein Tiger: Chris Rainer
Foto: Dirk Ostermeier
Dirk Ostermeier
Als erster Küchenchef der seinerzeit wiedererstandenen Villa Rothschild holte er zwei Sterne, um nach ein paar Monaten Pause und dem Wechsel ins Frankfurter Tiger-Restaurant nahtlos an diesen Erfolg anzuknüpfen und nun die doppelte Auszeichnung ins Zentrum der Mainmetropole zu holen. Einer von vielen guten Gründen, Chris Rainer einen Besuch abzustatten!

Als wir die Treppe zur Küche hinuntergehen, kommt uns ein kichernder Koch entgegen, der schnell nach seiner Sonnenbrille greift. Sein Kollege ist ebenfalls bestens gelaunt und überdies ebenfalls mit dem modischen Accessoire ausgestattet, aber wen wundert’s mitten im November: Der Guide Michelin hat seine Bewertungen veröffentlicht und dem Tiger-Restaurant zwei Sterne verliehen, was das gesamte Team bis in den frühen Morgen ausgiebig gefeiert hat. Diese zwei Sterne sind in vielerlei Hinsicht etwas ganz besonderes, denn der Wechsel von Andreas Krolik ins Lafleur und der Einstieg von Chris Rainer am Herd des Tiger-Restaurants ist noch nicht lange her, dazwischen lag die lange Sommerpause des Varietès, während der ja auch das Restaurant immer geschlossen bleibt – und schließlich kommen und gehen die Sterne nicht etwa mit dem Design der Tischdecken oder der Bilder im Restaurant, sondern ausschließlich mit der auf dem Teller gebotenen Qualität. Dass Chris Rainer damit keine Probleme hat, konnte man schon in der Villa Rothschild eindrucksvoll erleben, doch ein junges Team an einer neuen Wirkungsstätte derart schnell auf den Punkt zu bringen, dass es in kürzester Zeit eine solche Auszeichnung bekommt, ist eine Meisterleistung, die ganz besondere Anerkennung verdient.



Von Station zu Station



Ein solcher Erfolg hat selbstverständlich viele Gesichter und so weist der bescheidene Küchenchef immer wieder darauf hin, dass er nur einen kleinen Teil zum großen Coup beigetragen hat, doch ein Dirigent muss sein Handwerk auch beherrschen, um aus einem wilden, jungen Haufen Köche ein solches Team zu formen. Rainer lernte sein Handwerk bei den besten Meisterköchen der Republik. Zu seinen vorherigen Stationen zählen das Schlosshotel Lerbach mit Dieter Müller, die Residenz in Aschau mit Heinz Winkler sowie die Villa Hammerschmiede mit Markus Nagy. Nicht nur der Guide Michelin, sondern auch Rhein-Main Geht Aus! 2016, Varta-Führer und Gault Millau (aktuell 17 Punkte) bescheinigen ihm eine souveräne eigene Handschrift. Die gibt er nun auch gern an Jungköche in seinem Team weiter, denn jeder einzelne Mitarbeiter wird von ihm voll und ganz gefördert und gefordert. Wenn irgend möglich, soll man in der Küche des Tiger-Restaurants nicht auf einer Position versauern, sondern vielmehr alle Stationen durchlaufen, um anschließend fit für weitere große Stationen der eigenen Karriere zu sein. Wenn es etwa ums Würzen geht, motiviert Rainer seine Leute immer zu konsequentem Arbeiten, denn hier zeigt sich die Meisterschaft eines Koches und wenn man das dem Gast überlässt, so wird ein Gericht schnell beliebig. So hält Rainer sein acht- , mit Azubi neunköpfiges Team ständig auf Trab und ermöglicht so jeden Abend Kochkunst auf allerhöchstem Niveau.



Das Produkt ist der Hauptdarsteller



Chris Rainers persönlicher Stil basiert auf den Wurzeln der französischen Küche, wird von ihm aber modern und zeitgemäß interpretiert und der intensive Aufenthalt in Japan während seiner Auszeit zwischen den Engagements in Königstein und Frankfurt hat ebenfalls Spuren hinterlassen. Für den ambitionierten Spitzenkoch spielt die ausgezeichnete Qualität der eingesetzten Produkte eine elementare Rolle. „Es gilt, den Geschmack des Produkts mit begleitenden Aromen zu unterstützen, aber nicht zu verfälschen. Kochen auf höchstem Niveau zeichnet sich nicht nur durch beste Produkte und sorgfältige Zubereitung aus, es bedarf auch einer guten Portion Experimentierfreunde sowie Idealismus“, beschreibt Rainer seine anspruchsvolle Aufgabe, die sich nun auch zunehmend in vegetarischen Ideen niederschlägt. „Das ist natürlich Trend, für mich aber schon lang eine absolut spannende Sache. Wir haben zum Beispiel Tomaten mit Burrata gemacht, aber natürlich nicht, wie man dieses klassische Gericht kennt, sondern ... ach, kommen Sie doch einfach mal vorbei!“



Tiefenentspannt



Ja, im Vergleich zur Zeit in der Villa Rothschild hat sich vieles geändert, was man schon an der legeren Art und Weise erkennt, wie Rainer heute mit seinem Vornamen umgeht. „Früher war ich für meine Kollegen in der Küche Herr Rainer, heute bin ich der Chris und viel näher an meinen Leuten dran. Ich bin natürlich nach wie vor ehrgeizig, aber einfach nicht mehr so verbissen wie früher. Da war ich ein Heißsporn und meine Zündschnur war deutlich kürzer“. Zum ruhigeren Puls trägt bestimmt auch die entspannte Atmosphäre im Tigerpalast bei. „Ich passe einfach gut in dieses Unternehmen. Die Menschen hier sind kreativ, anregend, freundlich und ich bin froh, mitten im Trubel der Mainmetropole arbeiten zu können.“ Auch auf seinen Tellern geht es mittlerweile entspannter zu. „Vielleicht bin ich heute der einzige Sternekoch der Stadt, der ausschließlich auf weißen Tellern serviert“ – seine Arrangements sind wunderschön anzusehen, dabei aber immer aufgeräumt und mit Blick auf das Wesentliche, nämlich den jeweiligen Gang, den man genießen soll. Bunte Keramik oder schrille Farben sucht man hier vergeblich, im eher farbenfrohen Ambiente des Tiger-Restaurants ein angenehmer Pluspunkt. „Gewitzt muss es aussehen, abgefahrenes Geschirr ist aber nicht mein Ding“.



Die Kirche bleibt im Dorf



Das Verhältnis zu „Chef“ Robert Mangold, der ja auch das Restaurant Lafleur im Palmengarten betreibt, hat für Rainer besonderen Stellenwert. „Er ist ein ganz wichtiger Impulsgeber, der das Essen mit den Augen der Allgemeinheit sieht und mir wertvolle Anregungen gibt, ohne dabei auch nur im Entferntesten unhöflich zu sein oder mir gar Anweisungen erteilen zu wollen.“ Der Küchenchef hat hier immer freie Bahn und kann seine eigenen Ideen verwirklichen, findet in Mangold aber immer einen kollegialen Partner, der genau weiß, wovon er spricht – er hat das Kochhandwerk ebenfalls von der Pike auf gelernt. Die Besucherzahlen im Tiger-Restaurant sprechen eindeutig für diese gelungene Verbindung, denn es ist aktuell nicht eben leicht, hier noch einen freien Platz zu ergattern. Was Chris Rainer so richtig Spaß macht. Er fühlt sich als „Metropolenkoch“ wesentlich besser als in einer Schlossküche und zieht den Trubel seiner Küche stundenlangen Meetings vor.  Was natürlich die Frage nach weiteren Ambitionen aufkommen lässt. „Ein dritter Stern? Da lassen wir mal lieber die Kirche im Dorf. Wir können wirklich glücklich über die aktuellen Auszeichnungen sein und müssen nun erst mal darauf achten, dass jeder im Team auch wirklich mitkommt und keiner unterwegs abspringt. Bisher sind alle geblieben!“



Coming soon!



Mit Andreas Krolik verbindet Rainer seit vielen Jahren eine persönliche Freundschaft weit über das Kochen hinaus und so ist er heilfroh, dass die beiden nun gemeinsam die kulinarische Speerspitze in der Stadt sind. „Es ist überhaupt kein Problem, dass Andreas in den Bewertungen insgesamt vor mir liegt, allerdings hätte ich mich schon ein wenig komisch gefühlt, wenn ich nur einen Stern bekommen hätte, während Andreas den zweiten ins Lafleur holt“. Und so war Chris Rainer, eigentlich ein ausgesprochen geselliger Mensch, vor dem magischen Termin im November ungewöhnlich ruhig. Er zog sich nach der Arbeit zurück und fieberte der Entscheidung entgegen, die nun so positiv für ihn ausgegangen ist. Diesen frischen Elan und seine geballte Freude bringt Chris Rainer nun mit in die Genussakademie, wo er gemeinsam mit seinen Kursteilnehmern ein faszinierendes Zwei-Sterne-Menü in vier Gängen zelebrieren wird. Und Sie können sicher sein: Rainer wird Sie genauso freundlich fördern und fordern wie seine Mitarbeiter. Ob Sie am nächsten Tag eine Sonnenbrille brauchen, müssen Sie allerdings selbst entscheiden.

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Weitere Informationen hier
 
6. Februar 2017
Bastian Fiebig
 
 
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