Wobei die Bezeichnung Gewürz eigentlich nicht weit genug greift, denn es soll ja Genießer geben, die etwa Wurst nur auf ihr Brot legen, um sie dann zentimeterdick mit Senf ihrer Wahl zu bestreichen. Oder solche wie Ingrid Sels, die von sich behauptet, mit dem Senflöffel im Mund auf die Welt gekommen zu sein. Die gebürtige Düsseldorferin erlernte das Hotelfach und entdeckte während dieser Zeit ihre Leidenschaft für die würzige Vielfalt, die Senf zu bieten vermag: „Das ist ein Material, mit dem man glücklich werden kann!“ Doch in den Mittelpunkt ihres Lebens trat das Thema eigentlich durch einen unerfreulichen Anlass, denn nach 30 Jahren Berufstätigkeit in der Reisebranche fiel ihr Job einer Kündigungswelle zum Opfer und Ingrid Sels stand mit 52 Jahren vor dem Nichts. Wo andere den Kopf ins Senffass, pardon: In den Sand stecken, nahm sie ihren kompletten Mut und ihre Abfindung zusammen, investierte den ganzen Betrag in ihren Traum vom eigenen Ladengeschäft, suchte und fand einen passenden Laden in attraktiver Lage, verständnisvolle Vermieter, krempelte die Ärmel hoch, renovierte selbst den kompletten Verkaufsraum in gerade mal 13 Tagen – und legte los!

Eine Welt in gelb

Zunächst bestimmten zahlreiche interessante Hersteller aus der ganzen Republik, aber auch sonst nur schwer zu findende internationale Erzeuger das Sortiment, doch von Anfang an widmete sich Ingrid Sels intensiv der Entwicklung eigener Senfsorten und brachte nun jene Erfahrung ein, die sie als reisende Genießerin gesammelt hatte. Das Wissen um die richtige Zubereitung stammt natürlich auch aus den regen Kontakten, die sie zu Senfmühlen unterhält und so arbeitet sie für ihre eigenen Produkte mit ausgezeichneten Erzeugern zusammen. Wer jetzt nur an die Varianten scharf, mild und süß denkt, der sollte sich beim Betreten des Ladens zunächst viel Zeit nehmen, um die unglaubliche Vielfalt in Ruhe studieren zu können. Absoluter Favorit der Kundschaft ist gerade der Frankfurter Apfelweinsenf, doch auch der Festtagssenf aus der Mainmetropole läuft gut – Sels fertigt saisonal unterschiedliche Sorten, die immer pünktlich zu Ostern, Hochsommer, Herbst oder eben Weihnachten im Regal stehen. Da wechselt Bärlauchsenf mit Dijonsenf, erscheint letzterer rechtzeitig mit Trüffeln, wenn die Blätter fallen und echte Kerle kaufen natürlich – Männersenf, jawohl! Für Mutproben taugt Senf der Marke Chili ultrascharf (Achtung, Frau Sels meint es Ernst!), während Damen den Frauensenf mit Pina Colada bevorzugen und so könnte man immer weiter schildern, wie unglaublich vielfältig sich das Gewürz in dieser Galerie präsentiert. Ingrid Sels produziert unterdessen auch exklusiv Senf für andere, so zum Beispiel den Gref-Völsing-Senf, den es nur in der kultigen Niederlassung in der Hanauer Landstraße zu kaufen gibt. Natürlich gibt es hier auch den scharfen Stoff aus der Heimat der rührigen Powerfrau, die 2005 gemeinsam mit der Seifenmanufaktur den Gründerpreis für ihr außergewöhnliches Engagement erhielt. So stehen die charakteristischen Gefäße der Senfmühle Monschau ebenso im Regal wie Georgensenf oder Produkte der alten Senfmühle Terhorst und Liebhaber britischer Senfsorten kommen hier ebenfalls auf ihre Kosten.

Der Mensch lebt nicht vom Senf allein ...

... und so haben unterdessen auch hochwertiges Argan- und Olivenöl , diverse Essigsorten und köstliche Konfitüren in die Regale Einzug gehalten, Senfnudeln rascheln leise in der Hand des ungläubigen Betrachters – selbst Steaksaucen in schöner Auswahl warten hier auf neugierige Carnivoren. (Nicht nur) zu Weihnachten bietet Ingrid Sels übrigens auch die Möglichkeit, individuelle Etiketten auf kleine oder größere Senfgläser kleben zu lassen. Man kann hier Senf körbeweise oder in Stangen kaufen, aber eines ist allen Angeboten gemeinsam: So vielfältig und qualitativ hochwertig wird das Thema Senf nirgendwo sonst in der Region zelebriert!

Senfgalerie, Schweizer Straße 18, 60594 Frankfurt, Tel. 36 60 44 35, Öffnungszeiten Di-Fr 10-18.30, Sa 10-16 Uhr, www.frankfurter-senfgalerie.de