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Foto: © Dirk Ostermeier
Foto: © Dirk Ostermeier

Produkte aus Hessen

Unerwartet regional

Früher importiert, heute in Hessen produziert. Diese Produkte wachsen und gedeihen zwischen Kassel und Odenwald.
So manche Lebensmittel haben einen langen Weg hinter sich, bis sie in hessischen Küchen landen. Dabei ist es kein Geheimnis, dass der Transport über große Entfernungen hohe CO2-Emissionen verursacht und nicht selten die Produktqualität beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere für importierte Lebensmittel – von Obst und Gemüse über Fisch und Fleisch bis hin zu verarbeiteten Lebensmitteln wie Tofu und diversen Luxusprodukten. Da verwundert es nicht, dass Regionalität zunehmend an Bedeutung gewinnt. Am Ende sind regionale Produkte nicht selten beides: ökologisch vorteilhaft und mitunter kostengünstiger.

Wer Wert auf Regionalität legt, muss deshalb keineswegs auf Genuss und Ausgefallenes verzichten. Schließlich wachsen nicht nur Gurken und Sellerie in der Region. Mittlerweile werden viele Produkte angebaut, hergestellt oder Tierarten gezüchtet, die lange nur als Importware zu haben waren. Dabei würde man manch ein Produkt nicht in der Region erwarten, was auch mit den klimatischen Bedingungen und Kulturräumen zu tun hat, aus denen diese Produkte stammen. Während Ernährungsweisen und -trends die Nachfrage nach Spezialitäten, Superfoods und Ersatzprodukten steigen lassen, leistet der Klimawandel gleichzeitig seinen ganz eigenen Beitrag. Aber das ist ein Thema für sich. Wir haben uns umgeschaut und ein paar der „neuen“ regionalen Lebensmittel ausfindig gemacht.

Edelpilze

Schon mal was von Shiitake, Nameko oder Maitake gehört? Besser bekannt dürften der Austernseitling oder auch der klassische Champignon sein. In den Offenbacher Katakomben der Edelpilzzucht Kroll werden 14 Meter unter der Erdoberfläche auch ausgefallene Pilzsorten kultiviert, die sonst nur in japanischen und chinesischen Wäldern zu finden sind. Praktisch, wenn Restaurants mit landesspezifischer Küche oder Fine-Dining auf frische und regionale Produkte zurückgreifen können. Das hat auch die Gastronomie erkannt. Darunter die Sternerestaurants Seven Swans und Lafleur, aber auch Szenerestaurants wie das Chairs oder Emma Metzler sowie japanische Restaurants wie etwa das Kabuki oder hessische Lokale wie der Bornheimer Ratskeller. Für den Privatgebrauch werden die Edelpilze von Mathias Kroll regelmäßig auf Wochenmärkten in Offenbach, Wiesbaden und Mainz angeboten. Kleinere Mengen für Privatkunden im Umkreis von Lämmerspiel-Mühlheim und Offenbach-Bieber werden seit kurzem auch an Privathaushalte geliefert. Für alle anderen steht ein Pilzautomat in Offenbach an der Bieberer Straße, an dem die Pilze 24/7 eingekauft werden können.

Quinoa

Bei den Inkas galt Quinoa bereits als Hauptnahrungsmittel und soll schon vor 5000 Jahren angebaut worden sein. Verhältnismäßig reich an Eiweiß, Mineralstoffen und Vitamin B1, wächst die Nachfrage nach dem Superfood stetig. Für Menschen mit bewusster Ernährung hat Quinoa einen immer größeren Stellenwert und ist auch bei Gluten-Unverträglichkeit vielseitig einsetzbar. Nördlich von Frankfurt, bei Wölfersheim in der Wetterau, pflanzt Johannes Grenzebach seit 2012 Quinoa im elterlichen Betrieb an. Im Online-Shop seines Unternehmens Mudda Natur gibt es zahlreiche weiterverarbeitete Quinoa-Produkte. Auch im südlichen Hessen, am Rande des Odenwalds, wächst Quinoa. In Ober-Ramstadt haben sich die drei befreundeten Landwirte Mario Schuchmann, Andreas Michel und Johannes Böhm zusammengeschlossen und entschieden, das gefragte Superfood einfach selbst auf dem familieneigenen Acker anzupflanzen und auf koerlie.de zu verkaufen. Beide Betriebe stellen ihre Produkte in Bio-Qualität und ohne chemische Zusätze her.

Kichererbsen

Hummus und Falafel, indisches Chana Masala und ägyptisches Kushari: Kichererbsen sind in vielen Regionen der Welt ein wichtiges Nahrungsmittel und nicht selten zentrale Zutat ikonischer Gerichte. Archäologische Funde belegen ihren Anbau vor über 8000 Jahren in Kleinasien. In Deutschland lassen sich die ersten Hinweise auf ihren Konsum in die Zeit der Römer zurückverfolgen. Selbst Hildegard von Bingen berichtet über die Vorzüge der Kichererbse. Dennoch spielte ihr Anbau in der hiesigen Landwirtschaft bislang keine nennenswerte Rolle. Stattdessen stammen die meisten Kichererbsen aus Teilen Nordafrikas und Ländern wie der Türkei, Indien und Spanien, in deren Küchen man ebenfalls kaum an der Hülsenfrucht vorbeikommt. Derweilen wachsen Kichererbsen auch in Hessen. Etwa im Familienunternehmen von Albert und Constanze Bickert in der Wetterau, die ihre Ware im hauseigenen Online-Shop anbieten.

Soja

Bereits 7000 Jahre vor Christus wurde Soja auf Ackerflächen in Nordchina kultiviert. Heutzutage liegt das Hauptanbaugebiet neben Fernost in Südamerika. Die Nachfrage rund um den Globus nimmt stetig zu. Die weltweite prognostizierte Erntemenge 2023/24 soll bei über 410 Millionen Tonnen liegen. Allein nach Deutschland wurden im Jahr 2022 rund 3,4 Millionen Tonnen importiert – Tendenz steigend. Wenngleich nicht alles davon für den Hausgebrauch vorgesehen ist, bleibt die Konsequenz die gleiche: die fortschreitende Rodung von Primärwald für mehr Anbauflächen etwa im Gebiet des Amazonas-Regenwalds. Angesichts der steigenden Nachfrage auch in Deutschland ist der hiesige Anbau immer häufiger Thema. Doch in Hessen wird garantiert kein Wald für den Sojaanbau gerodet. In Nordhessen wachsen Soja-Bohnen auf Äckern, zum Beispiel beim Biolandhof von Heiner Gröschner in Lohfeld-Vollmarshausen bei Kassel. Die steigenden Temperaturen in Folge des Klimawandels begünstigen auch hier den Sojaanbau. Die Erzeugnisse werden an Unternehmen geliefert, und auch im Hofladen vor Ort können die frischen Produkte bezogen werden.

Kaviar

Kaviar gilt als Feinschmecker-Produkt und ist seit dem 5. Jahrhundert vor Christus beliebt. Der Genuss und Erwerb birgt heute jedoch viele Kontroversen. Von zu hohen Emissionswerten durch lange Handelswege bis hin zu Verstößen gegen den Artenschutz, sozialen Folgen und Schmuggel reicht die Kritik. Doch Kaviar gibt es auch aus Hessen, genauer gesagt aus Gersfeld. Dort züchten die Brüder Peter und Udo Groß seit über 30 Jahren Störe. Für Kaviar-Kenner interessant: Im Becken der Fischzucht Groß schwimmen der Sibirische Stör, der Russische Stör (Ossietra), der Sternhausen (Sevruga), der Sterlet sowie der Golden Sterlet und der Beluga-Stör. Im Online-Shop von Rhön-Kaviar sind alle sechs Arten erhältlich. Auch Frankfurter Spitzenrestaurants wie das Lafleur setzen auf regionalen Kaviar.

Garnelen

White Tiger Garnelen aus Hessen? Für gewöhnlich ist der pazifische Ozean ihr Zuhause. Bei der Firma „Die Landgarnele“ in der Kleinstadt Niedenstein werden sie dennoch aus dem Wasser gefischt. Zwar ist dort kein Meer, aber dank einer Aquakultur mit geschlossener Salzwasser-Kreislaufanlage wachsen die Gliederfüßer unter besten Bedingungen auf. Hochwertige Futtermittel und Salzmischungen lassen den perfekten Lebensraum entstehen. Die Energiekosten für das erwärmte Becken werden mittels einer Biogasanlage reduziert. Der Strombedarf der Anlage wird von der Photovoltaikanlage gedeckt. Wer die hessischen White Tiger Garnelen auch zu Hause probieren möchte, muss dank Online-Shop nicht darauf verzichten.

Vogelstrauß

Savannen oder Wüsten wie in manchen Teilen Afrikas hat Hessen nicht zu bieten. Trotzdem fühlen sich Vogelstrauße auf der Straußenfarm Tannenhof bei Schaafheim pudelwohl. Auf dem Hof der Familie Roth leben zwischen 100 und 150 Tiere auf einer Fläche von 50 000 Quadratmetern. Vor 15 Jahren begann die Familie mit der Zucht der Vögel. Die Tiere wachsen ohne Medikamente, Wachstumsbeschleuniger oder Hormone auf und haben ganzjährig Freilauf. Im Hofladen der Straußenfarm
werden zahlreiche Produkte aus der Straußenzucht verkauft. Neben Straußen-Speiseeiern, Deko-Artikeln mit verarbeiteten Federn und Eiern, Lederwaren und Likör aus Straußenei wird auch Straußenfleisch angeboten. Darunter Burger-Patties, Bratwürste, Filets, Steaks, Braten, Gulasch und viele weitere Produkte.

Physalis

Physalis, bekannt als Kapstachelbeere, ist das orangegelbe und runde Früchtchen, das viele nur als Deko auf Desserts kennen. Doch die Frucht ist vielfältiger einsetzbar, als auf den ersten Blick zu vermuten ist. Auch der Nährwertgehalt ist mit Vitamin C, B1 und Eisen hoch. Die ursprüngliche Heimat der Frucht ist Südamerika. Doch auch im Gewächshaus der Stiftung antonius : gemeinsam Mensch in Fulda wachsen Physalis. Die Stiftung beschäftigt sich mit der Inklusion von Menschen mit Behinderung und ist im Bereich Bildung und Frühförderung aktiv. Beim Gartenbau- und Landwirtschafts-Projekt der St. Antonius- Stiftung wachsen auf fünf Hektar großen Freiflächen und dem Gewächshaus der Stiftung viele weitere Feldfrüchte, die vor Ort verarbeitet werden. Die Erzeugnisse sowie einen hessischen Physalis-Fruchtaufstrich gibt es genauso wie viele weitere Produkte online.
 
13. März 2024, 10.39 Uhr
Till Taubmann
 
Till Christian Taubmann
Jahrgang 1997, Studium in Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz, Arbeit als freier Illustrator, seit Januar 2023 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Till Christian Taubmann >>
 
 
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