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Foto: pixelio/Anja Hofmann
Foto: pixelio/Anja Hofmann

Feuchtigkeit lässt Öko-Winzer bangen

2016 - der gefährdete Bio-Jahrgang

Das feuchte Wetter bringt Krankheiten in die Weinberge, allen voran den Falschen Mehltau. Weil die EU das einzig wirksame Gegenmittel blockiert, fürchten nun viele Ökowinzer um ihre Ernte.
Man hört dieser Tage viele Klagen über den verregneten Sommer. Doch kaum eine Branche trifft der Regenschauer in diesem Jahr so hart wie den Weinbau. Denn mit der Feuchtigkeit machen sich auch Schädlinge in den Weinbergen breit. „Wir machen seit 40 Jahren Ökoweinbau und haben noch nie einen solch starken Infektionsdruck erlebt“, berichtet Johan Schnell aus Gunthersblum. Sein Kollege Dirk Würtz spricht von einer Katastrophe.

Besondere Schwierigkeiten bereitet den Ökos der Falsche Mehltau (Peronospora). Bis vor wenigen Jahren schützten bio-zertifizierte Weingüter ihre Trauben mit dem natürlichen Pflanzenstärkungsmittel Kaliumphosphonat. Nachdem der Hersteller 2013 die Zulassung als Pflanzenschutzmittel beantragte, verlor der Stoff jedoch die Erlaubnis für den Ökoweinbau. „Vor dieser Situation hatten wir damals schon gewarnt. Jetzt haben wir ein hartes Jahr und stehen relativ schutzlos da“, beschwert sich Schnell.

Das einzige Mittel, das er und Kollegen jetzt noch einsetzen dürfen, ist Kupfer. Das ist aber schlecht für den Boden. Durch die Kombination mit Kaliumphosphonat konnten die Ökowinzer in der Vergangenheit ihren Kupfereinsatz um mehr als die Hälfte senken. „Wir spritzen im Moment alle drei bis vier Tage. Ansonsten müssen wir nur alle acht Tage raus. Man sieht jetzt an jedem Blatt genau, wo es von der Spritze erreicht wurde und wo nicht. Das haben wir so noch nie erlebt“, klagt Schnell.

Sein Weingut rechnet damit, dass 20 bis 30 Prozent der Ernte dieses Jahr ausfallen wird. „Eine Lage St. Laurent Rotwein dürfte sogar ganz verloren sein. Das liegt aber nicht an der Sorte, sondern an der sehr feuchten Lage.“ An den Hängen, an denen der Wind durch den Wingert pfeifen kann und die Pflanzen trocken hält, ist die Lage weniger schlimm. Ein Drittel weniger Ernte bei deutlich erhöhtem Arbeitsaufwand kann besonders für kleinere Ökobetriebe existenzbedrohend werden.

Für die Rheinland-Pfälzische Wirtschaft spielt der Weinbau eine besonders große Rolle. Schon im vergangenen Jahr hatte Umweltministerin Ulrike Höfken sich bei der EU für eine Wiederzulassung des Kaliumphosphonates eingesetzt. In diesem Jahr hat sie gemeinsam mit Wirtschaftsminister Volker Wissing die Notbremse gezogen. Das Staatsweingut Bad Kreuznach darf im Rahmen eines wissenschaftlichen Großversuches Kaliumphosphonat einsetzen. Die Minister laden die Ökowinzer des Landes an, sich an dem Großversuch zu beteiligen. „Um dem Öko-Weinbau in einer bisher nicht bekannten Notlage zu helfen“, sehe sie derzeit keinen andern Weg, bekannte Höfken. „Da dieses natürliche Mittel aus Umweltsicht vollkommen unbedenklich ist, können wir nicht nachvollziehen, dass die EU bisher die Zulassung verweigert.“

Wenn die Winzer sich an dem Versuch beteiligen, werden sie wohl mindestens ein Jahr auf ihr Bio-Siegel verzichten müssen. „Das ist für uns keine Lösung“, erklärt Schnell. „Das hätten wir drei Wochen früher gebraucht, nun ist es eigentlich schon zu spät.“ Trotzdem lobt er das schnelle Handeln des Landes. „In der Regel dauern solche Maßnahmen Jahre. Hier wurde innerhalb weniger Wochen eine Lösung vorgeschlagen.“

Deutlich besser ist die Situation im Rheingau. Sonne und Wind halten die Hänge hier trockener. „Für die Jungtriebe ist das Wetter sogar ein Segen, ideale Bedingungen“, freut sich Gutsverwalter Michael Burgdorf vom Weingut Wegeler. Zwar hat auch er mit erheblichem Infektionsdruck zu kämpfen, doch sein Weingut ist nicht öko-zertifiziert, und so kann er den Mehltau mit verschiedenen Mitteln bekämpfen. „Allein mit Kupfer bekommen sie das Problem nicht in den Griff“, meint auch er. „Wir arbeiten so ökologisch wie möglich“, aber Ernteausfälle möchte er nicht riskieren. „Es sieht im Rheingau durch die Bank noch gut aus. Es ist eine große Herausforderung, aber ich würde nicht von Katastrophenstimmung reden. In anderen Gebieten ist die Lage deutlich dramatischer.
 
19. Juli 2016, 11.06 Uhr
jps
 
 
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