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Foto: Dirk Ostermeier
Foto: Dirk Ostermeier

Vom Sternekoch zum Eventgastronom

„Mehr Zeit für Familie“

Egbert Engelhardt, Mitgründer des Cateringunternehmens Consortium erklärt, wie sich Betriebsrestaurants gewandelt haben und warum sich immer mehr Sterneköche der Eventgastronomie zuwenden.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Engelhardt, Sie führten jahrelang zusammen mit Ihrer Frau das „Graue Haus", das mit einem Stern im Guide Michelin und mit 18 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet wurde. Wie kamen Sie dann in die Event- bzw. Betriebsgastronomie?
Egbert Engelhardt: Ich war der erste, der überhaupt mit einem Michelin-Stern in die Betriebsgastronomie gegangen ist. Ich habe mich nicht mehr so wohl gefühlt im „Grauen Haus“ und wollte unbedingt was anderes machen. Durch Zufall kam ich 1997 in die Kantine der Deutschen Flugsicherung. Diese Facette, was Kochen angeht, habe ich vorher überhaupt nicht gekannt und habe schnell gemerkt, dass man hier noch viel verändern kann.

Vor elf Jahren gründeten Sie zusammen mit den Sterneköchen Rolf Laudenbach, Kazuya Fukuhira, Armin Brandenburger und Michael Wirth das Cateringunternehmen Consortium. Welche ehemaligen Sterneköche arbeiten noch für Sie?
Derzeit sind das beispielsweise Ralf Pietsch, Matthias Schmidt und Sebastian Lühr, die zuvor in der Klosterstube Mühlbach, der Villa Merton und im Kronenschlösschen tätig waren. Aber auch Christoph Rainer oder Andreas Krolik haben schon für uns gearbeitet. Wir gucken nicht nur nach dem Stern, sondern vor allem nach den Werdegängen.

In welchen Bereichen setzen Sie die Sternegastronomen ein?
Dass ist ganz unterschiedlich. Der Chefkoch im Betriebsrestaurant im TaunusTurm Jürgen Patschicke beispielweise war früher Souschef im Kronenschlösschen. Matthias Schmidt arbeitet in der Produktentwicklung. Sebastian Lühr wird in der Eventgastronomie eingesetzt.

Was treibt immer mehr ehemalige Sterneköche in die Betriebs- bzw. Eventgastronomie?
Der Grund dafür liegt in den Arbeitszeiten. Selbst bei der Eventgastronomie werden Wochenendschichten mit Freizeit ausgelöst. Freizeit spielt eine zentrale Rolle. Matthias Schmidt oder auch Sebastian Lühr haben das ganz offen gesagt: Beide haben Familie und wollen diese öfter sehen.

Als Produktentwickler arbeitet Schmidt auf die Betriebsrestaurants zu?
Genau. Wir betreiben mittlerweile 40 Betriebsrestaurants, die autark arbeiten. Durch Schmidts Produktentwicklungen bekommen die Betriebsleiter neue Impulse, sie entscheiden aber selbst, was sie kochen.

Welche neuen Impulse sind das?
Lange Zeit ging es nur um frische Zubereitung. Heute sind es Trends, wie asiatische Küche, Streetfood und es geht mit vegan fürchterlich los, weil es in aller Munde ist. Außerdem wird regionale Küche und Hausmannskost oft nachgefragt.

Wenn Sie auf die vergangenen 20 Jahre zurückblicken, was hat sich am stärksten in Betriebsrestaurants geändert?
Früher war die meiste Ware tiefgekühlt. Immer freitags kamen die Tiefkühllaster und haben die gesamten Produkte für die ganze nächste Woche gebracht. Alles war vorgefertigt. Es wurde nur ausgepackt und heiß gemacht. Das sind die Dinge, die sich wesentlich geändert haben. Wenn sie heute einen Rotkohl machen, wird der frisch angeliefert und vor Ort gekocht.

Ist das auch auf die wachsenden Ansprüche der Gäste zurückzuführen?
Sicher. Früher waren die Gäste zufrieden, wenn sie etwas zu essen hatten. Heute wollen wir, dass die Gäste optimal ernährt werden. Das betrifft Frische, Gesundheit und Leichtigkeit – allerdings besteht die Nachfrage nach solchen Gerichten nicht in allen Branchen. Betriebe in der Automobilindustrie verlangen nach wie vor nach deftigem Essen. Da kann man nicht mit Thunfisch kommen. Allerdings sind unsere Betriebsrestaurants sehr auf die Banken- und Versicherungsbranche ausgelegt.

Umfragen zufolge stehen Schnitzel oder Currywurst noch immer auf der Top-Liste in der Kantine.
Die Bratwurst ist des Deutschen liebstes Kind. Da es nirgends eine Bratwurst gab, die uns geschmeckt hat, haben Rolf Laudenbach und ich 2004 eine eigene Produktlinie entwickelt und zwar ohne Zusatzstoffe oder Bindemittel, nur mit Fleisch und Gewürzen. Wir haben elf Versuche gebraucht, daher auch der Name die 11. Generation. Es ist ein sehr ehrliches Produkt. Weg vom Industriemüll und hin zur reinen Natur. So wie auf dem Bauernhof, auf dem ich aufgewachsen bin. Einmal im Monat gibt es in manchen Betriebsrestaurants unsere Bratwurst.

Die Consortium GmbH betreibt rund 40 Lunch-Restaurants in Wiesbaden und Umgebung. Mitgründer und ehemaliger Sternekoch Egbert Engelhardt leitet die Eventabteilung „Die Köche“. Darüber hinaus betreibt der 61-jährige das Ausflugslokal Anleger 511 in Eltville am Rhein und das Schwarze Häuschen in Eltville-Hattenheim.
 
4. Januar 2016, 14.17 Uhr
Vera Kuchler
 
 
Fotogalerie:
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