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Foto: Uwe Dettmar
Foto: Uwe Dettmar

Vegetarische Sterneküche

Die grüne Revolution

Im Disney-Film Ratatouille versetzt ausgerechnet ein reines Gemüsegericht den Restaurantkritiker in höchste Ekstase. Eine Szene, wie sie sich ganz aktuell auch in Frankfurter Restaurants ereignen könnte.
Foie gras, in der Pfanne kurz gebraten, außen kross und innen zart wie Butter, dazu karamellisierte Äpfel und leicht scharfer Mango-Jus. Es folgen Medaillons vom Hirschrücken im Wildkräutermantel, rosig gegart, beim Anschneiden tritt etwas Saft aus, vermischt sich mit der dunklen Reh-Consommé … Es sind diese und ähnliche Bilder, die vor dem geistigen Auge aufsteigen, wenn man an die feine Küche denkt. Doch das könnte sich bald ändern, denn in den Töpfen und Pfannen der Frankfurter Spitzengastronomie bereitet sich eine Revolution vor, still und leise noch, aber trotzdem nicht unbemerkt: Das Gemüse, bislang als Beilage an den Rand des Tellers verbannt, bahnt sich seinen Weg ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Einer seiner Wegbereiter ist der Sternekoch Jochim Busch: „Meine Eltern sind seit dreißig Jahren Vegetarier. Ich selbst habe erst in der Ausbildung angefangen, überhaupt Fleisch zu essen“, sagt Jochim Busch und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Es ist Montag, das Restaurant Gustav, in dem Busch seit seiner Eröffnung im März 2015 Küchenchef ist, bleibt an diesem Tag geschlossen. Das Gustav ist das zweite Restaurant des Ehepaars Scheiber, das schon mit dem Restaurant Weinsinn einen guten Riecher in Sachen Genuss bewiesen hat. Und ihr Gespür trog sie auch nicht, als sie Jochim Busch als Küchenchef ins Gustav holten. Der ist erst 28 Jahre alt, doch bislang haben er und sein junges Team, das aus genau drei Personen besteht (ihn selbst mit eingerechnet), alle Erwartungen übertroffen: Connaisseurs sprechen von einer Rückkehr der Nova Regio-Küche nach Frankfurt, wie sie seit Matthias Schmidts Weggang aus der Villa Merton nicht mehr zu finden war - nicht umsonst würdigte der Guide Michelin die Küche prompt mit einem Stern. Eine Besonderheit des innovativen Restaurants: Von den zwei Menüs, die hier zur Auswahl stehen, ist eines rein vegetarisch.

„Man muss nicht jeden Tag Fleisch essen, schon allein aus ethischen Gründen“, so Jochim Busch, der moralisch genauso ambitioniert zu sein scheint wie bei seiner Arbeit hinterm Herd. Für ihn reicht es nicht, nur auf Bio-Produkte umzusteigen. Den Konsum zu reduzieren sei ebenso wichtig. „Diese Mengen an Fleisch sind doch auf nachhaltige Art gar nicht produzierbar“, sagt er. Viele seiner Gäste scheinen das ähnlich zu sehen: Die Kunde von seinem ausgezeichneten vegetarischen Menü hat sich bereits herumgesprochen, und das nicht nur unter Vegetariern, auch so mancher Karnivore kommt deswegen vorbei. „Die bestellen dann vielleicht nicht gleich das komplette vegetarische Menü, aber den einen oder anderen fleischlosen Zwischengang“, berichtet der Koch. Und auch sonst kommt man bei ihm eigentlich nicht drum herum, denn schon allein das Amuse ist im Gustav immer vegetarisch, wie auch rund 30 Prozent der bestellten Speisen.

Preislich unterscheidet man nicht zwischen den beiden Angeboten: Das Drei-Gänge-Menü kostet 57, das Vier-Gänge-Menü 68 und das Fünf-Gänge-Menü 79 Euro, mit oder ohne Fleisch. Aber spart man nicht automatisch Geld, wenn man fleischlos kocht? Jochim Busch verneint: „Um Fonds auf pflanzlicher Basis herzustellen, braucht man viel größere Mengen an Gemüse, hinzu kommt der Putzverlust. Der Arbeitsaufwand ist auch viel größer. Und dann verwenden wir viele hochwertige Gemüse, Edelpilze beispielsweise.“ Beim Einkauf achtet Busch darauf, dass die Produkte aus der Region kommen, saisonal sind und umweltbewusst hergestellt werden. Trotz all der moralischen Komponenten soll der Gast am Ende nichts auf dem Teller vermissen. Beim Entwickeln der Menüs, die jeden Monat wechseln, versucht Busch daher, kreativ mit dem Gemüse umzugehen, unterschiedliche Geschmacksbilder und Konsistenzen abzubilden. Außerdem ist Karotte eben nicht gleich Karotte. „Allein schon durch die verschiedenen Reifestufen lässt sich eine unglaubliche Vielfalt auf den Teller bringen“, sagt der Youngster. Er gibt unumwunden zu, dass ihn auch sein früherer Chef, Sternekoch Andreas Krolik, inspiriert hat, mit dem er lange Zeit im Tiger-Gourmetrestaurant zusammen gearbeitet und der dort auch ein vegetarisches Menü angeboten hat. Wie Krolik nun auch ein veganes Menü auf den Plan zu rufen, kommt für Jochim Busch aber nicht in Frage: „Wir kochen, was wir selbst mögen und möchten das verarbeiten, worauf wir Lust haben. Manchmal ist etwas Veganes dabei, aber das ist dann Zufall.“

Der vollständige Artikel mit Interviews mit Andreas Krolik, Christoph Rainer und André Großfeld ist im aktuellen FRANKFURT GEHT AUS! 2016 erschienen.
 
29. Dezember 2015, 11.42 Uhr
Henriette Nebling
 
 
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