Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: Dirk Ostermeier
Foto: Dirk Ostermeier

Neues Café der Zeleke-Brüder

Test auf Herz und Nieren

Die Frankfurter In-Szene rennt sich die Hacken ab, um das neueröffnete Café Herz der drei Zeleke-Brüder zu besuchen. Es ist eine Mischung aus Bar und Café, aber ist es auch ein Ort zum Sehen und Gesehen werden? Unsere Testerin war vor Ort.
Gibt man die Webadresse dasherzvonfrankfurt.com in den Browser ein, leitet einen dieser direkt zu Google Maps weiter. Der rote Pin steckt in einer Adresse in der Altstadt, genauer gesagt in der Braubachstraße 31. Seit Ende März befindet sich dort das Café Herz. Der Name klingt altbacken, aber schon beim Blick von draußen wird klar, dass sich hinter den leicht getönten, raumhohen Fensterscheiben mit dunkler Umrahmung etwas Besonderes befindet. Beim Hineinspähen sind im Vordergrund mehrere Augenpaare zu sehen, die die ständigen Blicke von außen schon leid zu sein scheinen. Beim Öffnen der Tür: eine leichte Überschwemmung an Lautstärke und visuellen Eindrücken. Im Café Herz ist es gleichzeitig dunkel und hell. An den Wänden Fototapete, die Regenwald zeigen, auf der einen Seite von oben in Nebel gehüllt, auf der anderen mitten im Dickicht aus Ranken und grünen Blättern. Die Einrichtung ist wie aus einem Guss, alle Elemente sind stimmig zueinander. Das viele Dunkle in Kombination mit den goldenen Akzenten, die meist als geometrische Elemente an Regalen und Tischen zu finden sind, schließen sich zu einer gleichzeitig edlen aber düster-traumartigen Atmosphäre zusammen. Die Stühle und Sofas sind mit Samt in einem dunklen Türkis überzogen und zeichnen weiche Kreise in den Raum voller Kanten.

Die Besucherschaft ist so buntgemischt, dass man kein Muster erkennen kann. Rechts eine kleine Familienzusammenkunft mit rund 15 Personen, die Hälfte davon jenseits der 60. Links ein Mitdreißiger Geburtstag mit mehreren Kinderwagen und den dazugehörig rumturnenden Kindern. In der Mitte manche schicke, manche stylisch, manche alt und manche jung. Publikum wie bei einer U-Bahn-Fahrt, nichts exklusives, uns überkommt ein Gefühl des Willkommenseins. Die Raumaufteilung ist auf ein Minimum beschränkt. Zwei schwarze Kommoden trennen die Fensterplätze voneinander, ansonsten fühlt es sich an wie ein großes Wohnzimmer, eine Privatparty für jedermann.

Aber es weckt auch ein Gefühl der Unübersichtlichkeit. Stehen die Leute an der Bar oder warten sie auf einen Platz? Sind wir gerade zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen oder muss man selbst aktiv auf den Service zugehen? Es fällt auf, dass viele Menschen hinter Bar stehen und zuschauen, was im Raum vor sich geht, aber nur ein Teil von ihnen Tische bedient. Wir müssen später nochmal wiederkommen, ohne Reservierung ist es an einem Samstagnachmittag nicht einfach, einen Platz zu kriegen, das ist aber in fast jedem Café in der Gegend der Fall. Als wir wieder kommen, ist ein Tisch mittig vor der Bar frei. Eine Mischung aus Café und Bar zeigt sich am anwesenden Publikum. Während wir noch in Kaffeeklatsch-Stimmung sind, sind die Gäste neben uns schon im After-Work-Modus. Während unseres Besuchs zeigt sich der fließende Übergang von den einen zu den anderen.

Der Service ist freundlich, aufmerksam, aber auch angespannt. Generell ist auffallend viel Personal unterwegs, während unseres Aufenthalts kommen vier verschiedene Mitarbeiter an unseren Tisch. Wir bestellen Cappuccino (3,50 €) mit Hafermilch (0,40 €) und einen Fitness-Vitamin-Saft, der leider aus ist. Deshalb entscheiden wir uns für Waldfrucht-Mix-Saft (4,90 €). Er schmeckt sehr gut und ist weniger säurehaltig, als man es erwarten würde. Draußen sieht man immer wieder Passanten auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die stehen bleiben und mit zusammengekniffenen Augen versuchen das Neonschild über der Tür zu lesen. Viele trauen sich nicht näher heran. Wir fühlen uns trotz der großen Fensterfront vom Leben der Straße getrennt, als Beobachter in einem Safe Space, die von außen nicht gesehen werden.





Zu unseren Getränken möchten wir uns eine Kleinigkeit zu essen bestellen. Eine Karte gibt es nicht, wir bekommen die Gerichte lediglich vom Kellner aufgezählt. Wir bestellen Kichererbsensalat (4,50 €) mit Cocktailtomaten, Karotten und einem angenehm pikanten Dressing. Als wir fertig sind und nicht direkt etwas Neues bestellen, scheint man den Tisch lieber an wartende Gäste abgeben zu wollen. Im Café Herz ist es zumindest an diesem Samstagvorabend zu voll für Gäste, die einfach nur noch kurz dasitzen.

Der Schritt nach draußen gibt uns kurz und blitzartig das Gefühl ganz woanders zu sein. Die rauschende Hintergrundlautstärke ist weg. Ein Laden wie das Café Herz braucht aber genau das. Leerstehend würde das atmosphärisch nicht funktionieren, eben wie in einem Club oder auf einer Party. Selbst wer kein Fan von alle dem ist, sollte das Café Herz besuchen und merken, wie viel Arbeit hineingesteckt wurde, um Gästen dieses unterschwellige und nuancierte Erlebnis zu verschaffen. Das ist mehr als zusammenpassende Möbel, es steckt Herz drin.

Café Herz, City, Braubachstraße 31, Mo–So 10–24 Uhr
 
15. April 2019, 15.15 Uhr
Johanna Wendel
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
 
Top-News per Mail