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Zurück in die Zukunft

Das Comeback der Griechen

Diesen Spätsommer wird die City gleich um zwei Restaurants reicher, die eines gemeinsam haben: sie kochen griechisch. Das „Ariston“ feierte gerade erst als Partner des „Alexis Sorbas“ Eröffnung, „Der Grieche“ tritt an die Stelle der Long Island City Lounge und hat mit Fußballspieler Ioannis Amanatidis prominente Rückendeckung.
In den 80ern war sie ebenso beliebt wie Karottenjeans, Aerobic-Stulpen oder Duran Duran. Die Rede ist von der reichhaltigen griechischen Küche, die vor 25 Jahren in nahezu jedem Vereinsheim, jeder Eckkneipe und jedem Biergarten gereicht wurde – vorausgesetzt natürlich, dass sich dort nicht bereits ein Jugoslawe etabliert hatte!

Tavernen mit so klangvollen Namen wie Omikron, Knossos oder Rhodos schossen wie Oregano aus dem Boden und jede Hausfrau, die etwas auf sich hielt, schnitt die Rezepte für griechischen Bauernsalat, Bifteki und Lammkoteletts aus der "Brigitte". In den Regalen der Supermärkte stapelten sich Tiefkühl-Gyros, Fertig-Tsatsiki und – um nochmal auf die Kollegen vom Balkan zurückkommen – Konserven-Cevapcici.

Doch es liegt in der Natur von Trends, alsbald eine Gegenbewegung zu erzeugen. So war wohl niemand wirklich überrascht, als auf Karrottenjeans Schlaghosen folgten, nach den Stulpen die Capri-Shorts ihr Revival feierten und Gyros bald von Chop Suey und Schweinefleisch Süß-Sauer aus dem Reich der Mitte verdrängt wurde.

Der Bankrott der Griechischen Tavernen ging dem Griechischen Staatsbankrott gleich einem Menetekel um mehr als eine Dekade voraus: Wer eben noch eifrig Imiglikos gesüffelt, Gigantos gespachtelt und Kreta bereist hatte, der schämte sich bald umso heftiger dafür und verbannte die Lernschallplatte „Griechisch für Einsteiger“ aus der heimischen Schrankwand.

Doch während einige Modetrends der 80er im 21. Jahrhundert ein fulminantes, wenn auch kurzlebiges Comeback hatten, blieb das Image der Tavernen am Boden – da half auch ein Auftritt von Brad Pitt als Achilles in Hemdchen und Sandalen herzlich wenig. Griechischer Wein war mindestens genauso out wie Udo Jürgens selbst, und für jene, die ihn ausschenkten galt: Nur die Besten überleben!

Manch einer setzte auf Innovation und holte sich Tricks und Kniffe der mediterranen Nachbarküchen an den Herd. Dennoch blieb griechisches Essen als zu schwer, zu fett und zu einseitig verschrien. Ein Image, das eine Küche nur bedingt verdient, die neben Fleischgerichten auch für Bauernsalat, Dolmades und Moussaka berühmt ist.

Fisch, Fleisch, Olivenöl, Wildkräuter, Wildgemüse und frisches Obst sind zentrale Elemente der griechischen Küche, kleine und variantenreiche Gerichte namens Mezedes – die spanische Version lieben wir heute unter dem Namen Tapas – wurden in Griechenland schon in der Antike zum Wein gereicht. „Schlechte Angewohnheiten“ wie das exzessive Auftürmen von Fleisch zu gigantischen Souvlaki-Spießen oder auch das Verzehren süßer Nachspeisen an Stelle von Obst hat Griechenland erst von den Orientalen und später von den (allzu oft deutschen) Touristen erlernt. So spiegelt sich in der Tilgung griechischer Restaurants von unseren Straßenzügen oftmals mehr die bigotte Hexenjagd nach dem eigenen inneren Schweinehund!

Doch was wird aus Gastronomen, die in die Rehabilitierung einer derart missverstanden Küche investieren und mutig hellenische Gasthäuser eröffnen? Eulen nach Athen tragen, sagen die einen, Katastrophenmanagement zur Rettung der griechisch-deutschen Freundschaft, meinen die anderen. Ob sie wie Odysseus Schiffbruch erleiden oder die Herkulesaufgabe meistern, bleibt abzuwarten. Fest steht nur eines: Hätte ich die Wahl zwischen Aerobic-Stulpen und Moussaka, ich würde mich jederzeit für das Moussaka entscheiden!
 
29. August 2011, 12.00 Uhr
Henriette Nebling
 
 
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