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Foto: Dirk Ostermeier
Foto: Dirk Ostermeier

We fucked up, so you don’t have to

Ein Buch vom Scheitern

Die What the Food-Gründerinnen Ekaterina Bozoukova und Nina Rümmele über ihr persönliches Scheitern und die Lehre, die sie daraus ziehen.
Nina Rümmele und Ekaterina Bozoukova sind Unternehmerinnen. Während sie ihre Geschichte erzählen, schweifen ihre Blicke immer wieder durch den Raum, ohne jedoch den Fokus zu verlieren. Kommen sie auf den Punkt, dann heften sich ihre Augen aufmerksam an den Gesprächspartner. Sie kommen eigentlich aus dem Investmentbanking, haben 2015 mit der Eröffnung von What the Food den Quereinstieg in die Gastronomie gemacht. Ende 2017 mussten sie das Geschäft aufgeben. Wahnsinn, denn kurz zuvor hatten sie die zweite Dependence in Hamburg eröffnet und die dritte stand schon in den Startlöchern.

Für Bozoukova und Rümmele kam es innerhalb kurzer Zeit hart auf hart: An einem Freitag im Oktober 2017 hatten sie den neuen Laden eröffnet, am darauffolgenden Sonntag sprangen Fremdkapitalanleger ab und am Montag waren sie zahlungsunfähig. Begonnen habe aber alles im Februar 2017 mit dem Scheitern einer Finanzierungsrunde: „Zwölf Stunden vor dem Notartermin ist uns der Hauptinvestor abgesprungen“, so Bozoukova. 75 Prozent der benötigten Gesamtsumme für die Geschäfte der beiden fehlten. Innerhalb der darauffolgenden sechs Monate konnte dieses fehlende Geld trotz aller Anstrengungen nicht mehr aufgebracht werden. „Die Miete für unseren dritten Laden in Hamburg lief schon, der Umbau und die Eröffnung hätten angestanden. Aber das Kapital fehlte“, erklärt Bozoukova.

Trotzdem sei der Urglaube der beiden an ihr Konzept unerschütterlich gewesen, so Rümmele. Deshalb hatten sie nach der gescheiterten Finanzierungsrunde im Februar nochmal alles gegeben: Sie akquirierten an die 30 Kontakte, führten Gespräche, um die Summe aufzufüllen, die durch den Absprung des Hauptinvestors offen blieb – doch vergeblich.

Im Herbst letzten Jahres kam es dann zu den besagten vier Tagen, in denen sich die Situation für die beiden dermaßen zuspitzte: „Wir standen schon mit dem Rücken zur Wand. Mieten und Personalkosten gingen vom Konto ab und dann sind gleich zwei Fremdkapitalgeber am gleichen Tag abgesprungen.“ Rümmele und Bozoukova standen vor der Wahl: Liquidation oder Eröffnung der Insolvenz. Sie entschieden sich für erstes und strengten sich an, alle Geschäfte zu verkaufen, das Personal auszubezahlen und alle Gläubiger zu kontaktieren, um die Schulden runterzuhandeln. Ende 2017 habe die Chance auf eine Liquidation auch ganz gut ausgesehen. Doch dann, kurz nach Weihnachten, kam der nächste Hammer: Eine Schlussrechnung aus dem Jahr 2015 sei in den Briefkasten geflattert. Ein sechsstelliger Betrag sollte beglichen werden. Ein Generalunternehmer, dem die beiden in ihrem ersten Geschäftsjahr vertraut hatten, habe das Budget ohne deren Wissen verdreifacht. Ein Drittel hatten sie schon 2015 beglichen. Zweieinhalb Jahre später kamen also die restlichen zwei Drittel „und die haben unseren Plan von der Liquidation komplett zerhauen“, sagt Rümmele resigniert. Daraufhin eröffneten sie die Insolvenz.

Momentan gehen die beiden wieder ihrer Tätigkeit im Investmentbanking nach. Sie wissen noch nicht, wie hoch der Schuldenberg ist, der auf sie zukommen wird. Doch klar ist ihnen: „Wir haben so einiges gelernt, sind praktisch zu Verhandlungsprofis geworden“, so Rümmele. Nun planen sie, ein Buch zu schreiben, das, laut eigener Aussage, die Scheiterkultur in Deutschland nachhaltig beeinflussen solle. Unter dem Titel „We fucked up, so you don’t have to” wollen sie jungen Gründern Wissen mit auf den Weg geben. „Wir wollen ihnen Mut geben und ihnen versichern, dass es da draußen vielen anderen genauso geht“, so Bozoukova.

Die Botschaft des Buches: „Tu‘ es trotzdem! Aber sei besser vorbereitet als wir. Es dauert immer länger als man denkt und es wird immer teurer als man denkt. Außerdem sollte man vermeintlichen Experten nicht blauäugig vertrauen“, fasst Rümmele zusammen. Mit „We fucked up, so you don’t have to“ wollen die Unternehmerinnen ein Buch schreiben, das sie gerne als Ratgeber in ihrer Gründungsphase gehabt hätten. Außerdem werde ein Fokus auch darauf liegen, dass es sich bei ihnen um Gründerinnen handelt. „Wir wollen erzählen wie es ist, als Frau zu gründen. Auf jedem Gründer-Event waren wir immer unter wenigen Frauen und das möchten wir gerne ändern“, betont Rümmele. Logisch: Sie kamen aus einer Männerdomäne, dem Banking, und gingen in eine Männerdomäne, die Gastronomie. Per Crowdfunding soll das Buch finanziert werden. Die Kampagne geht am 13. Juni an den Start. Interessierte können unter www.kickstarter.com/projects/whatthefood/what-the-food-grunderinnen-unser-startup-and-schei?ref=nav_search&result=project&term=what%20the%20food zur Realisierung des Projekts beitragen.
 
4. Juni 2018, 14.00 Uhr
Katrin Börsch
 
 
Fotogalerie:
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