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Foto: Mathias Hoppenworth
Foto: Mathias Hoppenworth

Gar nicht abgebrüht

Kaffee mit Geschichte

Die Betreiber des Cafés Hoppenworth und Ploch revolutionieren die Kaffeewelt Frankfurts und setzen damit neue Maßstäbe. In ihrer Rösterei an der Friedberger Landstraße bekommt Filterkaffee ein ganz neues Image.
Allmählich füllen sich die Plätze rund um den langen, massiven Holztisch. Ein Mädchen steckt bis zur Nase in ihrem Buch, auf der anderen Seite unterhält sich ein Grüppchen angeregt. Fast schon familiär wirkt das so aus fremden Menschen entstandene Bild , die an dem rustikalen Tisch Platz gefunden haben. Angenehmer Duft von frischem Kaffee erfüllt den Raum, die gemütlichen Sitzplätze am großen Fenster sind schon lange vergeben. Daneben stapeln sich mit Kaffeebohnen gefüllte Baumwollsäcke vor der rustikalen Backsteinwand. Auf den ersten Blick eine authentische Dekoration, zugleich versteckt sich darin jedoch die Basis der Philosophie des Cafés auf der Friedberger Landstraße.



Craft Coffee, also handwerklich zubereiteten Kaffee versprechen Matthias Hoppenworth und Julian Ploch, Besitzer des Cafés Hoppenworth & Ploch, ihren Kunden. Sie sind in der Mainmetropole die stärksten Vertreter der „Third-Wave“-Kaffeebewegung , deren Grundsätze sich auch stark im Qualitätsanspruch der beiden niederschlägt: „Woher kommt der Kaffee? Von welchem Farmer? Wie wird geerntet und aufbereitet? Mit all diesen Fragen setzen wir uns auseinander“, so Hoppenworth.

Die Baristas eigneten sich das notwendige Wissen über die Auf- und Zubereitung von Kaffee autodidaktisch an. Mittlerweile rösten sie den Kaffee selbst und verkaufen diesen an diverse Cafés und an Direktkunden weiter. Der Fokus bleibt dabei stets auf Transparenz, sodass für jeden Interessierten der Weg des Kaffees – von der Saat bis in die Tasse – nachvollziehbar bleibt. Sie setzen dabei nicht auf die Vielfalt des Angebots an Kaffeegetränken, sondern auf die des Geschmacks. „Wir rösten sehr hell. Für diejenigen, die eine dunkle Röstung gewöhnt sind, kann das erstmals sehr befremdlich schmecken“, erklärt Hoppenworth. Durch ihre Röstphilosophie rücken sie den Filterkaffee in ein neues Licht – plötzlich bringt das altbekannte Aufbrühen keine Bitterkeit mehr mit sich, sondern ergibt Noten wie süß, fruchtig oder auch mal floral. „Man könnte es die Renaissance des Filterkaffees nennen. Oder besser: die Naissance, denn in dieser Art hat es den Filterkaffee noch nicht gegeben“, beschreibt Hoppenworth die Veränderung, „jetzt gibt es diesen in den Cafés erstmals von Hand aufgegossen.“ Doch auch Espresso und Cappuccino genießen bei den Kaffeerevolutionären Wertschätzung. Hier können die Gäste aus zwei verschiedenen Bohnen wählen, neben dem Anbaugebiet wird auf der Kaffeekarte zudem die jeweilige Geschmacksnuance beschrieben. Auch auf die Auswahl der richtigen Milch legt man großen Wert, die stammt hier vom Vorzugsmilchbetrieb Weidenhof.

Die damaligen Studenten lernten sich im Wohnheim Friedrich-Dessauer-Haus kennen. Ploch studierte Biochemie am Campus Riedberg, Hoppenworth Volkswirtschaftslehre in Bockenheim. „Wir hatten untereinander immer einen kleinen Wettkampf laufen, wer die bessere Espressomaschine hat“, erzählt Hoppenworth lachend. Das gemeinsame Interesse an gutem Kaffee verband die beiden und die Planung des Campus Westend erwies sich als wahrer Glücksfall für die Studenten: „Auf den Plänen des neuen Gebäudes war eine freie Fläche zu sehen, die mit dem Wort „Cafeteria“ verzeichnet war. Keiner wusste, was man damit anfangen soll. Wir hatten schließlich die Idee, hier unser eigenes Café zu eröffnen.“ 2008 erfüllten sich die beiden in der Eingangshalle des Gebäudes, die das evangelische und katholische Wohnheim miteinander verbindet, ihren Traum und aus dem anfänglichen Plan, einfach nur guten italienischen Espresso anzubieten, wurde schnell mehr.

Im Jahr 2014 eröffneten Hoppenworth und Ploch schließlich ihre Verbindung von Rösterei und Café auf der Friedberger Landstraße. Hier schenken sie der Kaffeebohne seitdem viel Aufmerksamkeit und distanzieren sich mit ihrem heutigen Konzept klar vom damaligen italienischen Ideal. Den eigens gerösteten Kaffee gibt es in beiden Filialen reichlich, trotzdem verweist der Barista auf Unterschiede: „Der Alltag auf dem Campus ist etwas hektischer, alles muss schneller gehen – auch beim Ausschank. Dadurch sind hier auch die Preise niedriger. In der Rösterei wollen wir verstärkt über den Kaffee reden und mit den Leuten ins Gespräch kommen.“ So wird man am Tresen direkt vom Barista empfangen, beraten und bedient. Stillstand kommt für die Café-Betreiber nicht in Frage. Lange bezogen die beiden den Kaffee über Händler,m ittlerweile führen sie jedoch einen Direktimport aus Amkeni, Tansania in ihrem Sortiment und intensivieren dadurch die Transparenz der Wertschöpfungskette.

Die Röstmaschine trägt im Hintergrund ihren Teil zur stimmigen Atmosphäre bei, Regale aus alten Weinkisten gefüllt mit ihrem eigenen Kaffee runden das Gesamtbild ab. Alles schlicht und minimalistisch, gemütlich und doch nichts, was vom Wesentlichen ablenken könnte – dem Kaffee.

Hoppenworth und Ploch Rösterei, Nordend, Friedberger Landstraße 86, Mi–Fr 8–19, Sa 10–19, So 12–19 Uhr
 
21. November 2016, 13.00 Uhr
Jennifer Dück
 
 
Fotogalerie:
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