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Foto: Bernd Kammerer
Foto: Bernd Kammerer

Freihandel im Essen?

TTIP auf dem Teller

Dank Greenpeace weiß die Öffentlichkeit nun, was bei TTIP verhandelt wird. Was bedeutet das Abkommen für unser Essen? Wir haben den Sternekoch Matthias Schmidt und den Biologen Bastian Greshake befragt.
Greenpeace hat letzte Woche die bisher geheimen Verhandlungsdokumente des Freihandelsabkommens TTIP ins Internet gestellt. Endlich herrscht Klarheit, was das Freihandelsabkommen für unser Essen bedeuten wird. Beim Thema Lebensmittelsicherheit herrschen in der EU und den USA bisher zwei verschiedene Philosophien: Washington setzt auf das sogenannte Wissenschaftsprinzip, nach dem ein Produkt erst vom Markt genommen werden kann, wenn es nachweislich schädlich ist. In Europa hat sich dagegen das Vorsorgeprinzip etabliert. Hier darf ein Produkt erst dann auf den Markt, wenn dessen Unschädlichkeit bewiesen ist. Die Verbraucherschutzorganisation foodwatch kritisiert, dass die europäische Verhandlungsseite dieses Vorsorgeprinzip im veröffentlichten Verhandlungsstand bereits aufgegeben habe. Das würde nicht nur den Weg frei machen für gentechnisch veränderte Lebensmittel, sondern auch die Zulassung von Pestiziden und anderen Chemikalien deutlich erleichtern.

Der Frankfurter Sternekoch Matthias Schmidt warnt deshalb vor dem Deal. „Es gibt bisher noch keine Generation, die sich von genetisch veränderten Lebensmitteln ernährt hat. Wir wissen überhaupt nicht, welche Auswirkungen diese langfristig haben.“ Zumindest das Fleisch von Tieren, die gentechnisch modifiziertes Futter bekamen, gibt es auch jetzt schon in unseren Supermärkten. „Beim Einkaufen achte ich da sehr drauf“, verrät der Profi. Es ärgere ihn, wie blind dagegen viele andere Menschen im Supermarkt zugreifen. „Die Leute vertrauen den Läden und wissen oft gar nicht, was sie da erwerben.“ So sei das kürzlich in Bieren nachgewiesene Glyphosat in Brot beispielsweise total üblich, weil das Getreide damit behandelt wird. „Zu bewusster Ernährung gehört auch ein bewusster Einkauf“, urteilt er.

Der Biologe Bastian Greshake aus Frankfurt wünscht sich dagegen etwas weniger Panik beim Thema Gentechnik. „Es wird nun seit knapp 25 Jahren geforscht, ob gentechnisch veränderte Lebensmittel irgendwie schädlich für die Gesundheit sind, und man hat nichts gefunden. Man könnte wenigstens zugeben, dass diese Ablehnung ideologisch motiviert ist“, fordert er. Ihn ärgert der vermeintliche Gegensatz von natürlicher und unnatürlicher Landwirtschaft, der in der Debatte oft aufgefahren wird. Dabei seien auch die in Europa üblichen Saatgüter von Menschen erst gezüchtet worden. „Eine gezielte Veränderung der Gene von Pflanzen ist hier verboten. Erlaubt und üblich ist dagegen die Bestrahlung von Saatgut.“ Dadurch werden dann zufällige Mutationen hervorgerufen und man trennt dann hinterher die nützlichen von den unbrauchbaren Variationen. „Leider werden da auch gerne zwei Diskussionen vermischt“, kritisiert er. Denn von großen Konzernen, die sich exklusive Nutzungsrechte für die Aussaat ihrer Pflanzen sichern, hält er auch nicht unbedingt viel. Doch das sei eine Frage der Marktwirtschaft, nicht der Technik.

In den USA ist das Freihandelsabkommen derzeit ähnlich beliebt wie in Deutschland. Nur 18 Prozent der dortigen Bevölkerung unterstützen TTIP und fast alle Präsidentschaftskandidaten sind im Wahlkampf schon von dem Abkommen abgerückt. Denn tatsächlich haben die Amerikaner in vielen Bereichen auch höhere Schutz-Standards als die Europäer und fürchten die Senkung auf EU-Niveau. Auch deshalb macht die Obama-Regierung Druck. Denn wenn es vor der Wahl am 8. November zu keiner Einigung kommt, müssten die Verhandlungen danach vermutlich von neuem beginnen.

Unter ttip-leaks.org können Sie sich selbst ein Bild von den veröffentlichten Verhandlungspapieren machen: ttip-leaks.org/
 
17. Mai 2016, 11.30 Uhr
Jan Paul Stich
 
 
Fotogalerie:
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