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Foto: vak
Foto: vak

Die dritte Kaffeerevolution

Kaffee rösten mit den Ohren

Beim offenen Tasting von Matthias Hoppenworth und Julian Ploch wird mittwochs immer geschwenkt, geschnuppert und probiert. Das Besondere: Nicht Wein, sondern Kaffee steht im Mittelpunkt des Events.
Mittwochabend auf der Friedberger Landstraße: Um den massiven Holztisch, der inmitten der minimalistisch eingerichteten Kaffeerösterei platziert ist, haben sich rund 15 Koffeinliebhaber versammelt. Vor ihnen: 14 Gläser, gefüllt mit Kaffeepulver. Sieben verschiedene Sorten sind es, die fleißig geschüttelt und geschwenkt werden. Manche der Anwesenden machen sich eifrig Notizen, während andere einfach nur einen tiefen Zug Aroma einatmen. Im nächsten Schritt wird das Pulver mit heißem Wasser aufgegossen, die Stoppuhr gestellt und das Equipment verteilt. In diesem Fall bekommen alle Anwesenden einen Becher und einen Cupping-Löffel, mit dem der Kaffee abgeschöpft werden kann. Geräuschvolles Schlürfen durchzieht den Raum - mit dieser Technik könne die Sorte angeblich besser erschmeckt werden. Für Kenner und all die, die abends keinen Kaffee mehr trinken, dient der Becher als Spuckauffangbecken.

Das, was an diesem Abend auf der Friedberger Landstraße zu beobachten ist, ist ein Element der dritten Kaffeerevolution, von der seit den 90er-Jahren die Rede ist. Während in der ersten Welle (1930 bis 1960) der Kaffee seinen Weg in den Supermarkt fand und sich zu einem Getränk für jedermann entwickelte, führte die zweite Welle von 1960 bis 1990 zu einer Trivialisierung: Verwendet wurden zunehmend billigere, minderwertige Bohnen, während gleichzeitig das Aroma immer häufiger mit Milch, Sirup sowie künstlichen Zusätzen überlagert wurde. Seit 1990 wird von der „Third Wave of Coffee“ gesprochen. In dieser neuen Generation steht der pure Geschmack von Kaffee, nachhaltiger und bewusster Genuss sowie Transparenz und Fairness im Vordergrund. Kaffee trinken wird damit zu einem bewussten Erlebnis und wird in diesem Zuge oftmals mit der Verkostung von Wein verglichen.

Das Terroir des Kaffees
Kaffee als kulinarische Disziplin steckte in Deutschland lange in den Anfängen und hat sich erst in der letzten Dekade rapide entwickelt. Zwei der Pioniere in der Stadt am Main sind Julian Ploch und Matthias Hoppenworth, die 2014 ihre eigene Kaffeerösterei eröffnet haben. Seit Anfang des Jahres bieten sie dort immer mittwochs ab 18 Uhr ein offenes Cup-Tasting an, bei dem eigene oder auch mal externe Röstkreationen kredenzt werden.

Seit mittlerweile vier Jahren sammeln der Biochemiker Julian und VWLer Matthias Erfahrungen im Röst-Handwerk. Der Trick dabei liege im richtigen Zuhören: „Der Kaffee spricht mit dir“, erklärt Matthias und vergleicht den Prozess mit dem Geräusch beim Popcornmachen: Wenn es zu laut poppt, dann werde der Kaffee zu dunkel und die Aromen gingen verloren. Diese Machart der hellen Röstung zählt zu ihren Maximen, denn sie wollen an das Terroir eines Kaffees heran, worunter sie geschmackliche Eigenschaften aufgrund von Herkunft, Anbau, Ernte und Aufbereitung verstehen.

Dazu zähle auch ein enger Dialog mit Farmern und Importeuren. Nur ökologischer angebauter Kaffee in einem funktionierenden Mikroklima habe das Potenzial, so aromenreich zu sein und als Qualitätskaffee gehandelt zu werden. Ein solches Produkt habe natürlich seinen Preis, betont Matthias, und vergleicht das Ganze mit einem Hamburger: „Das ist, als hätte man die Wahl zwischen Transparenz über die Herkunft von Fleisch, Brot sowie Gemüse - oder man ist komplett ahnungslos, wie bei den Produkten von McDonalds.“ Mittlerweile sei eine ganze Generation in der Stadt gewillt, rund zehn Euro für einen Burger zu bezahlen.

Dieses Bewusstsein sei bei Kaffee jedoch noch nicht angekommen, ganz im Gegensatz zu Wein. Für ein Glas Wein aus guter Produktion und ohne Zusätze wird heute immer mehr Geld bezahlt, doch vier oder fünf Euro für eine Tasse Kaffee sei für Viele noch zu viel.

Offenes Cup-Tasting, Tasting- und Barista-Seminare
Beim offenen Cup-Tasting können Laien und Experten die Vielfalt des Kaffees erleben und vielleicht in diesem Zuge auch erst verstehen, dass Kaffee weitaus mehr sein kann als die schwarze bittere Brühe vom Kiosk. Das Tasting findet immer mittwochs um 18 Uhr statt und ist ohne Anmeldung für eine Teilnahmegebühr von 5 Euro möglich. Außerdem bieten Hoppenworth & Ploch diverse Tasting- sowie Barista-Seminare an. Anmeldungen und Termine unter www.hoppenworth-ploch.de.

Rösterei Hoppenworth & Ploch, Nordend, Friedberger Landstraße 86, Di-So 12-18 Uhr
 
2. Februar 2015, 12.01 Uhr
Vera Kuchler
 
 
Fotogalerie:
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