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Baisse an der Wurstbude

Alles hat ein Ende. Auch die Frankfurter Worscht Börse

Für Tausende von hungrigen Bauarbeitern und Angestellten, die am Rande des Europaviertels arbeiten, war die Worscht Börse in den vergangenen fünf Jahren eine beliebte Anlaufstelle. Und nun die überraschende Nachricht: Die schließt. Und das schon bald.
Zur Mittagszeit brutzeln die Würstchen in Akkordzeit. Banker, Bauarbeiter oder Geschäftsleute aus der Gegend – gemischter könnte das Publikum hier nicht sein. Eigentlich läuft doch alles prima, könnte man denken. Doch ein kleines Schild an der Imbissbude verrät: Am 30. April ist Schluss – und zwar unfreiwillig.

Würste statt Wertpapiere
Mit der Eröffnung seiner Wurstbude hatte Thomas Brausse (48) im Jahr 2009 großes Aufsehen erregt. Alle großen Zeitungen und TV-Magazine interessierten sich für die Geschichte des Imbissbudenbesitzers, der in seinem vorherigen Leben ein erfolgreicher Banker war. Er arbeitete zwölf Jahre als Abteilungsleiter für Instinet, eine elektronische Handelsplattform. Nachdem sein halbes Team im Zuge der Finanzkrise gekündigt wurde, begann auch Brausse an der Sicherheit seines Jobs zu zweifeln und dachte über ein zweites Standbein nach; die ersten Versuche, sich selbstständig zu machen, scheiterten jedoch. Als sich im Dezember 2009 seine Vermutung bestätigte und die Abteilung im Messeturm geschlossen und nach London verlegt wurde, zog Brausse die Reißleine, kaufte sich einen alten Linienbus auf Ebay und baute diesen zur Imbissbude um.

Erster Öffnungstag der Worscht Börse war der 20. Juli 2009, und seitdem werden an der Osloer Straße fleißig Würstchen gebrutzelt. Brausse tauschte Anzug und Krawatte gegen Jeans und Shirt und baute sich einen festen Kundenstamm auf – nicht zuletzt auch mit seinen pfiffigen Wurstkreationen, die mit den Saucen Nikkei, Dow Jones und Dax serviert werden. „Besonders gut lief das Geschäft, als das neue Shoppingcenter gebaut wurde, denn viele Bauarbeiter verbrachten ihre Mittagspause bei mir“, erzählt der Wirt. Doch dieser Ansturm endete abrupt, als der Bau des Skyline-Plaza beendet war – und auf einen Schlag viele konkurrierende Gastronomiekonzepte auf dem Food-Court im Center eröffneten.

Kein Platz für das Wurstmobil
Das allein wäre für Brausse aber kein Grund, um aufzugeben. Doch nun wurde auch das Grundstück, auf dem die Imbissbude steht, an einen Investor verkauft – und damit das Schicksal der Worscht Börse besiegelt. Brausse erzählt: „Ich könnte gegen Ende des Jahres auf die andere Straßenseite wechseln. Allerdings müsste ich trotzdem Ende April schließen, meinen Bus abtransportieren und ihn in einem halben Jahr wieder hinbringen. In dieser Zeit habe ich aber keine Einnahmen, verliere wahrscheinlich meine Stammkundschaft und hätte sehr hohe Umzugskosten, die ich bei diesem großen Risiko nicht tragen kann.“ Natürlich war er in der letzten Zeit fleißig auf der Suche nach einem neunen Stellplatz im näheren Umfeld, damit er sein Geschäft ohne Unterbrechung weiterführen kann, hat aber bisher keinen gefunden. Deshalb bleibt dem Wurstbudenbesitzer keine andere Wahl: Er muss seinen Imbiss aufgeben.

„Wirtschaftlich gesehen ist es einfach am besten, wenn ich schließe. Natürlich würde ich auch das Risiko eingehen und umziehen, wenn sich ein guter Standort findet, aber bisher hat sich noch nichts ergeben. Natürlich habe ich auch andere Optionen für die Zukunft offen, aber ich warte nun erst einmal ab, was kommt und entscheide dann. Ich möchte mich aber auf jeden Fall bei meinen Stammgästen bedanken, die all die Jahre stets treu waren. Ich habe die Zeit sehr genossen, aber man kann nur das tun, was auch Sinn macht. Und die Worscht Börse macht hier nun leider keinen Sinn mehr.“
 
14. April 2014, 12.31 Uhr
Miriam Kertsch
 
 
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