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Foto: Basti Mowka
Foto: Basti Mowka

Futtern gegen die Nilgans-Plage

Holycrab! geht der Nilgans an den Kragen

Das Food Start-Up Holycrab! möchte aus invasiven Arten Delikatessen machen: In Berlin musste der Louisiana-Flusskrebs dran glauben, in Frankfurt geht es nun der Nilgans an den Kragen.
Warum nicht aus der Not eine Tugend machen und invasive Tierarten in Delikatessen verwandeln? Diesen Gedanken hatten Juliane Bublitz und Lukas Bosch, als sie im April gemeinsam mit Gourmetkoch Andreas Michelus ihr Food Start-Up Holycrab! gründeten. Im Sommer sind die Macherin und die Macher mit einem Foodtruck in Berlin unterwegs gewesen und verkauften nachhaltiges Streetfood aus invasiven Tierarten. Im Winter möchten sie sich nun auf Haute Cuisine spezialisieren.


Louisiana-Flusskrebse aus dem Berliner Tiergarten

Noch vor der offiziellen Gründung des Start-Ups wurden Bublitz, Bosch und Michelus ausgezeichnet: Sie wurden zu Kultur- und Kreativpiloten Deutschland ernannt – eine Auszeichnung der Bundesregierung, die jedes Jahr 32 Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft würdigt. Im März erhielten sie obendrein den Gastro-Gründerpreis 2019.

Das Pilotprojekt drehte sich um den amerikanischen Sumpfkrebs. Hierzulande kennt man ihn etwa aus dem Supermarkt als Louisiana-Flusskrebs – ein Produkt, das Tausende Kilometer zurücklegt, bevor es hier aus der Kühltheke heraus zum Verkauf angeboten wird. Lebendige Exemplare jenes roten Krabbentieres haben sich im vergangenen Jahr 2018 unkontrolliert im Berliner Tiergarten ausgebereitet. Um die Population einzudämmen, hat die Stadt die Tierchen 2018 zum Fang freigegeben.


Nachhaltigkeit kann Spaß machen

„Gerade bei invasiven Arten gibt es von der EU genaue Pläne, um die Populationen zu dezimieren: Sie werden gefischt oder gejagt und anschließend entsorgt. Es ist absurd, dass wir das hier nicht essen!“, sagt Juliane Bublitz. Sie ist Zukunftsforscherin und gemeinsam mit ihrem Partner Lukas Bosch in der Innovationsberatung tätig. Sie beschäftigen sich mit dem Prinzip der hedonistischen Nachhaltigkeit: Wie kann Nachhaltigkeit Spaß machen? „Oft wird sie mit Verzicht verbunden. Man muss sich reduzieren und zum Beispiel weniger Fleisch essen“, erklärt Bublitz.

Holycrab! biete daher die Möglichkeit, etwas Nachhaltiges zu tun und dabei hedonistisch zu handeln. „Je mehr wir von der invasiven Art essen, desto besser funktioniert das Prinzip“, sagt Bublitz. Außerdem könne man so Fleisch mit gutem Gewissen essen. Ein weiterer Vorteil an der Verarbeitung von eingeschleppten Wildtieren, die das autochthone Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen: „Wildtiere sind sehr hochwertige Tierarten. Sie hatten keinen Stress bei der Zucht und stammen nicht aus der Massentierhaltung“, erklärt Bublitz.




Canapés mit Krabbenfleisch: „Crabhappens“


In der Tatcraft Kantine kommt die Nilgans auf den Tisch

In Berlin veranstaltet Holycrab! bereits seit dem Frühjahr einmal im Monat ein Food-Event, bei dem die nachhaltigen Delikatessen verspeist werden. Nun kommen Bublitz, Bosch und Michelus nach Frankfurt und bringen die Nilgans auf den Tisch. Am Freitag, den 14. Dezember, interpretiert Gourmetkoch Michelus die Nilgans auf Hessisch. In der Tatcraft Kantine werden drei Gänge aufgetischt. Die Menüabfolge liest sich vielversprechend, als Hauptgang gibt es: „Hooligans – Nilgans, Kartoffelstampf, Schaum aus Grüne-Soße-Kräutern, Eigelb-Crumble“.




Hoffentlich nicht rechtsradikal: der Hauptgang „Hooligans"

Der kulinarische Kopf des Food-Start-Ups ist Michelus. Er hat in renommierten Küchen gelernt: Stationen seiner Vita sind das Hotel de Rome und das Hotel am Steinplatz. Er konzipiert die Rezepte und steht hinter dem Herd. Holycrab! arbeitet mit Jägerinnen und Jägern zusammen, von denen sie die Nilgänse beziehen.


Schinken vom Waschbären

Zurzeit experimentieren die Nachhaltigkeits-Hedonisten mit anderen invasiven Tierarten wie dem Waschbären, von dem es eine große Population in Kassel gibt. „Wir haben ein Waschbären-Gulasch zubereitet – eine Mischung aus Wildschwein und Waschbär“, sagt Bublitz. Als nächstes werden sie sich vielleicht an Waschbären-Schinken probieren. Andere Tierarten, die Holycrab! ins Visier nehmen könnte, wären Nutrias (Biberratten) oder Schwarzmeergrundeln (Fische).

Das Drei-Gänge-Menü „Nilgans auf Hessich“ am 14. Dezember in der Tatcraft Kantine kostet mit Weinbegleitung 89 Euro und ohne 69 Euro. Interessierte können sich online anmelden.

Nilgans auf Hessisch, 14.12., 18–21 Uhr, Seckbach, Tatcraft Kantine, Gwinnerstraße 42
 
9. Dezember 2019, 14.00 Uhr
Katrin Börsch
 
 
Fotogalerie:
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