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Riemenschneider versus Fienhold

Schlammschlacht in Frankfurts Gastro-Szene

Langweilig ist es in Frankfurts Spitzengastronomie derzeit auf keinen Fall: Zwischen dem Gastrokritiker Ludwig Fienhold und dem Koch Michael Riemenschneider ist ein wilder Streit entbrannt.
Es begann mit einer Baustelle: Michael Riemenschneider, Koch aus dem Taunus, der viele Jahre in Großbritannien gekocht hatte, wollte zurück nach Hessen und renovierte dafür in der Schneckenhofstraße 11. Dies zog sich über mehrere Monate hin und so geschah es, dass das Restaurant seine erste kritische Würdigung auf dem Blog des Gastrokritikers Ludwig Fienhold erfuhr, bevor es überhaupt eröffnet war. „Knirschend“ habe Riemenschneiders vorheriges Engagement im Londoner Edelrestaurant „Canvas“ geendet. Als „vermeintliches „Toplokal““ kündigte er die Eröffnung an.

Riemenschneider bedankte sich mit einem Hausverbot. Dieses habe Fienhold laut Riemenschneiders Schilderung auf höchst kreative Weise umgehen wollen. „Der ist reingegangen als ich nicht da war und hat meinen Mitarbeitern gesagt, er sei mein Vater. Mein Vater ist fucking tot“, klagt der Koch.

Riemenschneider kam nicht allein aus London: Mit ihm erreichte ein ganzer Berg von Gerüchten die Stadt. Seinen Lebenslauf soll er angeblich geschönt, Investoren angeblich verprellt haben. Fakt bleibt: Da hat sich einer einige Feinde in der Branche gemacht. Anfang 2016 wurde dann das Atelier Wilma unter großem Tamtam eröffnet. Die Visitenkarten aus solider Bronze mit eingeätzter Unterschrift sorgten für das nötige Aufsehen. Die Bild-Zeitung berichtete über sage und schreibe 18 Luxusautos, die der Koch besitzen solle und für die er nun dringend Parkplätze in der Innenstadt suche.

Auf Fienholds Blog tauchte das Atelier Wilma erst im Oktober wieder auf. „Gastro-Krimi um Atelier Wilma: Michael Riemenschneider soll Millionen Schulden haben“, titelte Fienhold. Der Krimi hatte keine lange Laufzeit. Auch wenn sich manches von dem, was damals geschrieben wurde, hinterher als wahr herausstellen sollte, hatte sich Fienhold wohl doch zu weit aus dem Fenster gelehnt: Am 10. November unterschrieb er laut Riemenschneiders Schilderung für dessen Anwalt eine Unterlassungserklärung, zahlte dessen Kosten und nahm den Artikel von seiner Internet-Seite.

Währenddessen erschien der neue Gault Millau, und trotz Fienholds Vorbehalten bewertete der Restaurantführer das Restaurant mit respektablen 13 Punkten und einer Kochmütze. Einen Monat später folgte dann die große Überraschung für alle, Riemenschneider eingeschlossen: Der Guide Michelin verlieh dem Atelier Wilma gerade mal sieben Monate nach der Eröffnung den begehrten Stern. Nicht nur Fienhold hat seine Zweifel an diesem Urteil, auch ein Nachtest unsererseits konnte uns nicht ganz überzeugen.

Nun hat die Frankfurter Neue Presse in einer langen Recherche Riemenschneiders Geschichte nachgespürt. Fienhold fotografierte den Artikel komplett ab und lud ihn auf seinen Internet-Blog. Hauptquelle des Artikels: Eine Londoner Detektivkanzlei, die Riemenschneider vorwirft, ein professioneller Hochstapler zu sein. Die Kanzlei wurde von Flora Mascolo beauftragt, Witwe des Multimillionärs Guy Mascolo. Sie behauptet, mehrere Millionen Euro in Riemenschneiders Restaurants investiert zu haben, die dieser jedoch für einen luxuriösen Lebensstil verprasst habe.

Pikantes Detail: Die Witwe und der Koch waren zu dieser Zeit ein Paar. Es existieren deswegen keine schriftlichen Verträge über die Geldflüsse. Deshalb steht sich das frühere Paar nun in London vor Gericht gegenüber. Im Laufe des Prozesses wurde laut Handelsblatt bereits ein Teil von Riemenschneiders Vermögen eingefroren. „Bisher hat mich kein Gericht zu irgendwas verurteilt“, betont Riemenschneider. Natürlich gilt für ihn die Unschuldsvermutung.

Wenn Riemenschneider von der Überwachung durch Detektive berichtet, dann klingt das wie aus einem Hollywoodfilm. In seinen Wohnungen habe es mehrere Einbrüche gegeben. Er vermutet, dass seine Telefone abgehört wurden. „Ich hatte Leute bei mir vor der Tür stehen, die mich eingeschüchtert haben. Unter meinem Auto war ein GPS-Tracker, damit man verfolgen kann, wo ich hinfahre. Ich werde beschattet und terrorisiert“, beklagt der Koch.

Grund genug für Fienhold, schon einmal das Ende des Atelier Wilmas auszurufen. Davon könne jedoch keine Rede sein, betont Riemenschneider. „Das Restaurant läuft sehr gut. Wir sind jeden Tag ausgebucht.“ Er habe gerade erst zwei neue Leute einstellen können. Auch von hoher Mitarbeiter-Fluktuation könne keine Rede sein, verteidigt er sich. Dass ihn in kurzer Zeit der Küchenchef von Reinholds Enkel in Bad Homburg und sein eigener Sous Chef im Atelier Wilma verlassen habe, auch dahinter vermutet er wiederum seine zahlungskräftige Ex. „Ich nehme an, die wurden abgeworben.“ 18 Autos will er nie besessen haben. Auf die Frage, wie viele es denn dann waren, antwortet der ambitionierte Autofan: „weiß nicht so genau, immer ein paar.“


Riemenschneider unterstellt nun Fienhold wiederum in einem wütenden Facebook-Kommentar, er würde Geld von Mascolo bekommen. Er wirft dem Gastrokritiker eine „krankhafte Obsession“ mit seiner Person vor. „You wanna fuck with me !? I will fuck you twice !!“ tobt er. „Herr Fienhold wird von Frau Mascolo bezahlt“, erklärt er am Telefon überzeugt. Er sieht in den Veröffentlichungen der letzten Tage seine Privatsphäre verletzt. Deshalb habe er nun den renommierten Kölner Medienanwalt Dr. Höcker auf den Fall angesetzt, der zuletzt auch Jörg Kachelmann gegen die Bildzeitung vertreten hat. „Wenn ich noch 16 wäre, hätte es jetzt böse auf die Fresse gegeben“, urteilt er.

Heute scheint er das Ganze mit etwas Humor sehen zu können. Wenigstens habe der Frankfurter Boulevard dank ihm jetzt viel zu schreiben.

Update: Ludwig Fienhold wehrt sich gegen die Vorwürfe.
 
4. April 2017, 13.00 Uhr
Theo Blumen
 
 
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