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Foto: dado.de / TESLA Sljivo
Foto: dado.de / TESLA Sljivo

Heimisch und Hochprozentig

Sliwowitz aus Frankfurt und Kaffeelikör aus Gelnhausen

Bei den ersten Frankfurter Spirituosentagen präsentierten Aussteller ihre Liköre, Schnäpse und Brände. Die Mini-Messe richtete sich an ein Fachpublikum aus Barkeepern, Gastronomen und anderen Alkohol-Profis.
Eine „entspannte Atmo für Barleute“ habe er schaffen wollen, berichtet Daniel Soumikh, während er leicht angeheitert auf dem Lounge-Sessel vor dem Gekkos hängt – das ist offensichtlich gelungen. Zum Zeitpunkt des Gespräches hat er sich schon zwei Tage lang intensiv mit Hochprozentigem befasst. In der Bar des Hilton Hotels haben sich Anfang dieser Woche Vertreter der wohl einzigen Branche getroffen, bei denen die Alkoholfahne ein Zeichen von Professionalität ist: Barleute und Brenner, Spirituosenvermarkter und Schnapskreateure kamen zu den ersten Frankfurter Spirituosentagen zusammen. 16 Aussteller präsentierten in ungezwungener Atmosphäre über 20 junge und innovative Getränkemarken.

Veranstalter Soumikh selbst kam mit seinem eigenen Drink, dem „Tonka Gin“. „Ich arbeite seit 20 Jahren in der Spirituosenindustrie.“ In Deutschland kannte er die Tonka-Bohne vorher nur zur Veredelung von Desserts. Ein spanischer Barkeeper hat ihm dann vorgeführt, dass das Aroma der Bohne auch gut zu Drinks passt. „Das harmoniert einfach prima mit Wacholder“, findet Soumikh. Geboren war die Idee zum Tonka Gin. 2014 ist Soumikh mit der Marke gestartet, seitdem tourt er durch Bars und vermarktet sein Produkt. Dabei kam ihm die Idee, Kollegen zusammenzutrommeln, um „ohne viel Schnickschnack wie Banner, Messestände oder Promotresen einfach ihre Marken vorzustellen.“

Regional trinken mit Tesla und Co‘ps

Eine dieser Marken ist Tesla. Nein, nicht die amerikanischen Elektroautos, sondern der Frankfurter Sliwowitz. Beide haben sich nach dem aus Kroatien stammenden Erfinder und Elektroingenieur Nikola Tesla benannt. Dieser verstand sich nicht nur gut auf Technik, sondern war auch ein erbitterter Gegner der Prohibition und feierte Alkohol als das Ambrosia der Götter. Das sehen die beiden Frankfurter Branimir Hrkac und Boris Markič wohl ähnlich. Der Erste ist Barkeeper in der Bristol Bar, der Zweite Grafikdesigner und beide einte das Problem, dass man Sliwowitz in Deutschland nur als schwarzgebrannten Fusel oder billige Industrie-Plörre kannte. Damit das so nicht bleiben muss, haben sie den Tesla Šljivo geschaffen. „Wir brennen 12 verschiedene Sorten Pflaume für die Aromen“, berichtet Markič. „Dabei setzen wir auf alte, kroatische Sorten und verwenden nur vollgereifte Früchte, weil nur die den optimalen Zuckergehalt haben. Der 42-Prozenter kann entweder als scharfer, aber fruchtiger Obstbrand genossen werden, oder sommerlich frisch mit Eis und Zitronenlimo.

Wer nicht nur betrunken, sondern gleichzeitig wach werden möchte, für den ist der Kaffeelikör Co’ps möglicherweise das richtige. Den Gelnhausener Finn Geldermann und seinen alten Schulfreund Jan Weigelt eint eine lange, gemeinsame Erfahrung mit Kaffeelikör. „Mit 14 haben wir Kaffeeschnaps selbst gemacht“, gesteht der mittlerweile volljährige Jungunternehmer. „Kandis, Kaffee und Korn gab es alles bei Oma im Schrank.“ Später war ihre Kreation dann ein beliebter Drink auf WG-Parties. Die beiden Freunde hatten sich erstmal aus den Augen verloren und unabhängig voneinander beide Ausbildungen in der Sterne-Gastronomie gemacht. Als Studenten trafen sie sich dann wieder, tranken auch wieder gemeinsam, tauschten Korn gegen Kokanuss und schufen Co’ps, was kurz für „Coffee Schnaps“ steht. Seit zwei Jahren ist ihr Produkt auf dem Markt und schon jetzt setzen die beiden knapp 6000 Flaschen im Monat um.

Trinker-Community

Diese jungen Drinks sind meist edel, oft innovativ, nicht selten frech und geben einen guten Einblick in eine neue Szene, die sich um die Hochprozentigen bildet. Die meisten Unternehmen an diesem Abend waren kleine Start-Ups, die mit wenigen Mitarbeitern aber sehr hohen Ambitionen ihre ganz persönlichen Getränketräume verwirklichten. Während Mitbewerber sich auf Handelsmessen oft mit kritischen Blicken gegenseitig beäugen, ist der Zusammenhang in dieser Szene noch sehr groß. „Wir sind nicht Coca Cola“, bekennt Boris Royko von Materia Dark Mate aus Wiesbaden. „Allein könnten wir gar nix reißen.“ Deshalb verbinde er mit seinen Wettbewerbern hier auch viele Freundschaften und keine Konkurrenz. In einer guten Bar sollten die Flaschen dann am besten sowieso alle nebeneinander stehen.
 
29. September 2016, 18.30 Uhr
Jan Paul Stich
 
 
Fotogalerie:
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